TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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dieser in der Geschichte der Vernunft tendenziell eher unberücksichtigten<br />
Dimension der Vernunft das Wort geredet. Jedoch: Die postmodernprogrammatische<br />
Überzeichnung ihrer Bedeutung wird zum einen der<br />
Selbstrelativierung der Postmoderne gegenüber der Moderne nicht gerecht,<br />
zum anderen läuft diese Überzeichnung Gefahr, zu einer Verselbständigung<br />
der subjektiven Vernunft beizutragen und damit die Vernunft als solche<br />
inhaltlich zur Disposition zu stellen, von innen auszuhöhlen. Die subjektive<br />
Vernunft steht in komplementärem Bezug zum Objektiven der Vernunft. Sie<br />
kann nur in diesem Bezug verstanden werden. Damit ist sie in der Lage, den<br />
Einzelnen, das Subjekt, in die „sekundäre“ Konstitution – die primäre ist<br />
von der objektiven Seite immer schon geleistet – einzubeziehen und dadurch<br />
einen Vollzug zu erreichen, welcher objektiv durchwirkt und subjektiv<br />
kritisch reflektiert ist. Es kann auf diese Weise eine inhaltliche Relativierung<br />
erreicht, ein vollständiger Relativismus dagegen aber vermieden werden.<br />
6 Vernunft im Übergang - das Konzept der transversalen<br />
Vernunft<br />
Der folgenden Abhandlung liegt die Intention zugrunde, einen Einblick in<br />
das Konzept der transversalen Vernunft zu geben, wie es Welsch in seinem<br />
Werk „Vernunft – Die zeitgenössische Vernunftkritik und das Konzept der<br />
transversalen Vernunft“ vorstellt. 81 Der Ansatz stellt dabei selbst einen<br />
‚Übergang’ zwischen den heterogenen Ansätzen von Habermas und Lyotard<br />
dar. 82 Welsch weiß die ablehnende Haltung gegenüber Relativismus<br />
(Habermas) und die Bejahung der Differenz (Lyotard) als heterogene<br />
Elemente der Theorien-Vielfalt zu verknüpfen - „so aber, daß diese Übergänge<br />
die Heterogenität nicht tilgen, sondern allererst in der rechten Weise<br />
zur Darstellung bringen“ 83.<br />
81 Vgl. Welsch (1996).<br />
82 Vgl. hierzu Habermas, J. (1983): Diskursethik - Notizen zu einem Begründungsprogramm,<br />
in: ders. (Hrsg.), Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt,<br />
S. 53-126; Lyotard, J.-F. (1982): Beantwortung der Frage: Was ist postmodern?, in:<br />
Tumult 4, (1982), S. 131-142.<br />
83 Welsch (1996: 752). Vgl. auch die komprimierte Gegenüberstellung der drei Autoren<br />
bei Kirsch (1992: 448ff.). Das Konzept der Transversalität als die ‚Lehre von den Übergängen’<br />
weist eindeutige Parallelen zu der bereits vorgestellten Konzeption der „Heterogenität<br />
und Konnexion“ nach Deleuze und Guattari (1977) auf. Auch hier geht es<br />
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