TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Anders dagegen die historische Analyse Blumenbergs, der angesichts der<br />
Pluralität der unterschiedlichen historischen Prozesse nicht das Ende der<br />
Geschichte sieht und darüber hinaus für eine Fortführung der Moderne plädiert.<br />
14 Geschichte ist „im Modell eines aus vielen Adern gebündelten<br />
<strong>St</strong>ranges, eines Plurals von Zusammenhängen, Traditionen, Sach- und<br />
Schulgeschichten, Rezeptionen und Reaktionen“ 15 zu interpretieren. Diese so<br />
interpretierte, plurale Geschichte sieht damit keine Notwendigkeit, weder ihr<br />
Ende einzuläuten, noch einen Bruch mit der Vergangenheit durchzuführen.<br />
Die Notwendigkeit eines grundsätzlichen Umdenkens bleibt hiervon jedoch<br />
unberührt und wird in der Geschichtswissenschaft analog zu anderen Disziplinen<br />
hinreichend erkannt.<br />
So sehen die einen in den jüngsten Veränderungen etwas paradigmatisch<br />
Neues, die anderen dagegen eine konsequente Fortführung vorangegangener<br />
Entwicklungen. Auch Meier bspw. bezweifelt die Neuartigkeit der<br />
Postmoderne:<br />
88<br />
„Die sogenannte Postmoderne war zu keinem Zeitpunkt ein ernsthafter Anwärter<br />
auf die Nachfolge. Wenn sie überhaupt in einem Gegensatz zur<br />
Moderne stand – und ihre Protagonisten sind sich keineswegs einig gewesen,<br />
ob sie in einem Gegensatz zu ihr stehen wollten -, so zählte sie zu den am<br />
wenigsten bedrohlichen Gegnern, auf die die Moderne bisher traf. (...) Wenn<br />
wir in den diffusen postmodernen Theorien und Erzählungen nach verbindlichen<br />
oder wenigstens verbindenden Orientierungspunkten Ausschau halten,<br />
begegnet uns allenthalben die moderne Hochschätzung für Kreativität, Subjektivität<br />
und Relativität wieder. Mit dem Unterschied, daß die modernen<br />
Prinzipien und „Wertsetzungen“ nach ihrer postmodernen „Verwandlung“<br />
einen nunmehr derivativen Charakter haben.“ 16<br />
Nicht in gleicher, so doch in ähnlicher Weise sehen auch Klotz (1994; Zweite<br />
Moderne), Habermas (1994; Vollendung des Projekts der Moderne), Heinrichs<br />
(1984; Die katastrophale Moderne), Giddens (1999; radikalisierte Moderne) und<br />
Beck (1986; reflexive Modernisierung) keinen wirklichen Bruch, der sich ein-<br />
weise. Auch wenn es grundsätzlich um die Reflexion der Vergangenheit geht, so<br />
könnten die daraus gezogenen Schlüsse Gehlens und „eines so flachen Schriftstellers<br />
wie Herbert Marcuse“ (Gehlen 1974: 74) unterschiedlicher nicht sein.<br />
14 Vgl. Blumenberg, H. (1966): Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt.<br />
15 Blumenberg (1966: 440, zitiert nach Schulze 1990: 82).<br />
16 Meier, H. (1990b): Die Moderne begreifen – die Moderne vollenden?, in: ders. (Hrsg.),<br />
Zur Diagnose der Moderne, München, S. 7-20, hier S. 8f.