TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Identität soll im Folgenden als Unternehmensidentität bezeichnet werden,<br />
die Einzel-Identität als Mitarbeiteridentität. 167<br />
Diese Identitäten-<strong>St</strong>ruktur besitzt zu einem großen Teil emergenten Charakter,<br />
doch treten beide Seiten, die der Mitarbeiter und die der Unternehmung,<br />
auch mit Interessen und Ansprüchen gegen- und miteinander auf, die im<br />
Zuge der (Vertrags)Beziehung idealerweise ihre Einlösung erfahren. Kirsch<br />
betont im Hinblick auf eine Unternehmensidentität dreierlei: den emergenten<br />
Charakter, die Berücksichtigung des Beobachtungsphänomens und die<br />
Unternehmensidentität als politisches Phänomen. 168 In dieser Argumentation<br />
soll neben der Berücksichtigung von Konstruktionen durch Beobachter vor<br />
allem das „politische Phänomen“ interessieren. Vor der hier entwickelten<br />
Konzeption erscheint jedoch der Begriff des Politischen in diesem Zusammenhang<br />
verkürzt. Vielmehr geht es um die kategoriale Differenz und<br />
Unterscheidung zwischen System und Lebenswelt, die bei der Frage nach<br />
Identität zusammentreffen und neben rein politischen Prozessen (auf der<br />
Grundlage von expliziten Verträgen durchgeführte Aushandlungsprozesse)<br />
Prozesse der Balance zwischen Arbeit und Leben und den aus ihnen abgeleiteten<br />
Ansprüchen erfordern. Diese Ansprüche weisen eine andere Qualität<br />
von Außenperspektive auf, als dies Kirsch auf Grundlage seines Ansatzes zu<br />
tun in der Lage ist. Dieses „Außen“ der Außenperspektive ist nicht, wie bei<br />
Kirsch, ein rein funktional-methodisches Außen, sondern ein inhaltliches,<br />
normatives Außen, welches das System der Ökonomie einer grundsätzlichen<br />
lebensweltlichen Reflexion zuführt. Das politische Phänomen bei Kirsch wird<br />
167 In diesem Identitätenbild ist bereits deutlich geworden, dass es im Wesentlichen um<br />
Überschneidungsgrade zwischen unterschiedlichen Identitäten geht. Dabei ist es möglich,<br />
dass individuelle Unterschiede zwischen den Mitarbeitern in Bezug auf die<br />
Unternehmung, aber auch zwischen den Unternehmen bezüglich ihrer Mitarbeiter<br />
auftreten. Der eine Mitarbeiter identifiziert sich stärker mit der Unternehmung und<br />
dem anderen Mitarbeiter, der andere weniger, und das eine Unternehmen legt mehr<br />
Wert auf die Identifikation der Mitarbeiter mit den eigenen Produkten und Inhalten,<br />
das andere weniger.<br />
168 Vgl. hierzu Kirsch (1998: 207ff.). Berggold hebt sich deutlich von Kirsch ab, verweist<br />
jedoch auch sehr explizit auf den emergenten Charakter und die methodische Entscheidung<br />
des Beobachters, wenn es um die Analyse der Unternehmensidentität geht.<br />
In vielen Punkten stimmt die hier zu leistende Skizzierung mit der ausführlichen und<br />
komplexen Analyse von Berggold überein – jedoch kann sie an dieser <strong>St</strong>elle keine explizite<br />
Auseinandersetzung erfahren. Vgl. hierzu Berggold, C. (2000): Unternehmensidentität:<br />
Emergenz, Beobachtung und Identitätspolitik: Ansatzpunkte einer organisationstheoretischen<br />
Betrachtung, Berlin.<br />
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