TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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nungsträger“ für des Menschen Zugang zu Wahrheit, zum Ganzen war,<br />
grundlegend erschüttert worden, was sich auch auf die Geisteswissenschaften<br />
übertrug. 31 Absolutheit ist nicht länger mehr ein von den Menschen Erfahrbares<br />
und damit auch Beweisbares, sondern erodiert zu einer Ahnung,<br />
ist „nur noch eine Idee“ 32. Unterstützt durch diese grundsätzliche Wende in<br />
der szientifischen Rationalität, gewinnen Relativität und Pluralität nicht nur<br />
im Inneren, in der wissenschaftlichen Überzeugung, sondern auch in der<br />
Methode, in der wissenschaftlichen Vorgehensweise an Boden. Dieser<br />
„Reputationsgewinn“ lässt sich nach Welsch in unterschiedliche Phasen einteilen:<br />
„Die Postmoderne konvergiert mit Basistheoremen der wissenschaftlichen<br />
Moderne dieses Jahrhunderts. Wie Pluralität, Diskontinuität, Antagonismus<br />
und Partikularität in den Kern des Wissenschaftsbewußtseins eingedrungen<br />
sind, so bilden sie heute Grundkategorien der postmodernen Weltsicht. Der<br />
Abschied von Monopolismus, Totalität, Ausschließlichkeit prägte die erste<br />
Phase, der Übergang zu den „paradoxen“ Kehrseiten und neuen Phänomenen<br />
die zweite, eine dritte kann man durch die neuere Wissenschaftstheorie markiert<br />
sehen.“ 33<br />
In der für Erkenntnisse auf der Begründungsebene konstitutiven Rolle des<br />
Entdeckungsammenhangs kommt ein postmodernes Spezifikum zum Vorschein,<br />
insbesondere dann, wenn man sich die spätmoderne Einsicht vor<br />
Augen hält: „alle Erkenntnis ist limitativ“ 34. Aus dieser Einsicht heraus präsentiert<br />
sich die Postmoderne auf Ebene des Entdeckungszusammenhangs in<br />
der Tendenz offen, unbedingt und voraussetzungsfrei - theoretisch bis zum<br />
Punkt der Selbstauflösung. 35 Sie hat, nicht zuletzt durch die Erkenntnisse in<br />
der Physik, erkannt, dass spezifische Erwartungen in Form von Wahrnehmungsbedingungen<br />
zu Verzerrungen auf Ebene des Entdeckungszusammenhangs<br />
führen. Der Satz der Moderne: Es ist nicht, was nicht sein kann!<br />
wird diametral abgelöst durch: Es kann sein, was (eigentlich) nicht sein kann!<br />
31 Vgl. hierzu Welsch (1993: 185ff.). Zur mathesis universalis und der Interpretation der<br />
Rolle von Descartes vgl. Welsch (1993: 66ff.).<br />
32 Welsch (1993: 187).<br />
33 Welsch (1993: 188).<br />
34 Welsch (1993: 186).<br />
35 Die „Tendenz“ meint die Dynamik hin auf eine Offenheit, die permanent präsent ist<br />
und vorangetrieben wird. Offenheit kann nie absolut als gegeben vorausgesetzt werden,<br />
nur ihre asymptotische Annäherung.<br />
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