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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Rationalitäten und Vernunft darstellt, legt eine Vernunft, die sich einem<br />

(rationalen) Bereich verschreibt, die Vermutung nahe, sie vollzöge einen<br />

Rückschritt. Dieser Rückschritt bestünde in einer Verengung der Vernunft<br />

auf einen Rationalitätsbereich, was zwingend implizieren würde, dass die<br />

Vernunft ihre Differenzierung gegenüber der Rationalität verlieren würde,<br />

da die Vernunft sich gerade zwischen den Rationalitäten lokalisiert und sich<br />

keiner Position verschreiben kann. Nach Welsch ist somit der Begriff der<br />

„ökonomischen Vernunft“ nicht eindeutig und eher irreführend.<br />

Um eine Diskussion über ökonomische Vernunft zu führen, ist es somit notwendig,<br />

über Vernunft an sich zu sprechen und sich nicht einer wie auch<br />

immer gearteten Einschränkung von dieser zu verschreiben. Diese Einschränkung<br />

ist theoretisch nicht haltbar, da auch ökonomische Vernunft<br />

Vernunft ist und nicht eine reduzierte Form davon. Von einer Vernunft zu<br />

sprechen, die ökonomisch sein soll, kann in der hier vertretenen Position und<br />

im Anschluss an Welsch nur in dem Sinne verstanden werden, dass dies ein<br />

Vermögen darstellt, welches in seinem Vollzug vornehmlich den ökonomischen<br />

Gegenstand (Singular!) reflektiert. In diesem Sinne ist sie somit keine<br />

Vernunft, die ökonomisch ist, sondern Vernunft, die sich auf die Ökonomie<br />

bezieht.<br />

Ökonomische Vernunft rekurriert dabei auf denselben theoretischen Rahmen<br />

wie die Vernunft an sich. Hierin unterscheidet sie sich nicht und kann sich<br />

auch nicht unterscheiden, sonst wäre sie Rationalität oder „halbe“ Vernunft.<br />

Von der ökonomischen Rationalität hebt sie sich qualitativ in der Weise ab,<br />

indem sie nicht die einzelnen Gegenstände und ihre Zusammenhänge untereinander<br />

thematisiert, sondern den gesamten Gegenstand der Ökonomie,<br />

also die Ökonomie in ihrer rationalen Gesamtheit zu erfassen sucht und darüber<br />

hinaus speziell diese Gesamtheit zu anderen Gesamtheiten in Beziehung<br />

setzt. 6 Ökonomische Vernunft unterscheidet sich von der Vernunft<br />

lediglich in ihrem „Anwendungsrahmen“, was bedeutet, dass ökonomische<br />

Vernunft den Vollzug der Vernunft vor allem im Rahmen der Ökonomie<br />

beleuchtet und reflektiert. In diesem Anwendungsfokus, in diesem spezifischen<br />

Vollzugsrahmen kann sie sich nicht von der Vernunft an sich separieren,<br />

sondern rekurriert auf sie. Die Referenz der ökonomischen Vernunft<br />

bleibt die Vernunft an sich und diese Referenz kann durch nichts einge-<br />

6 In dieser Betrachtung der Übergänge zwischen Rationalitäten kam der zentrale „Charakterzug“<br />

der Welsch‘schen Vernunft zum Vorschein, mit dem Unterschied, dass<br />

nicht spezifische Rationalitäten im Vordergrund standen.<br />

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