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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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außen tritt die Legitimation nach innen, innerhalb der ökonomischen Rationalität.<br />

Diese besteht darin, dass eine umfassende Erfassung der im ökonomischen<br />

Kontext zu behandelnden Größen der Präzision und Vorhersagbarkeit<br />

ökonomischer Kalkulation zugute kommt. Die grundsätzliche Legitimation<br />

nach außen kann sich mit dieser internen Legitimation in dem<br />

Punkt verbinden, wo eine genauere Kalkulation zu einer Erhöhung der<br />

Lebensdienlichkeit des Wirtschaftens beiträgt. Die innere und äußere Referenz<br />

sind gleichzeitig erreichbar. Dabei behält die äußere Legitimation das<br />

Primat – jedoch in enger Verbindung zu der inneren Referenz. 58<br />

In der Legitimation nach innen spielt die Quantifizierung und deren formales<br />

Primat die zentrale Rolle. Die numerische Darstellungsform erhöht die<br />

Praktikabilität von Wirtschaftsprozessen bzw. ermöglicht diese zum Teil erst.<br />

Diese Form stellt die zentrale Formgrundlage dar. Durch ihre Abstraktion<br />

läuft sie Gefahr, ökonomisch direkt und ökonomisch indirekt relevante<br />

Inhalte reduktionistisch zu behandeln bzw. gar nicht erst wahrzunehmen.<br />

Dies wirkt auf die ökonomische Rationalität zurück. Insbesondere im wirtschaftlichen<br />

Kontext geht es immer auch zentral um Menschen und deren<br />

Lebenspläne. Sie finden jedoch als solche keinen Einzug in die ökonomische<br />

Form, es sei denn, sie erweisen sich als relevanter Faktor, der den Unternehmenserfolg<br />

beeinflusst und selbst dann scheint ihre Erfassung rudimentär.<br />

So entsteht in der Ökonomie ein generelles Handhabungsmuster, das die<br />

Gegenstände auf eine einfache Formel bringt, mit ihnen rechnet, Ergebnisse<br />

präsentiert, um dann später festzustellen, dass aufgrund der starken<br />

Vereinfachung durch numerische Form das Problem entweder gar nicht oder<br />

nur ungenügend gehandhabt wurde. Es entstehen Prozess-Schleifen, die<br />

nicht selten infinitiven Charakter annehmen. Zudem treten zu den alten,<br />

aber neu aufbrechenden Problemen neuartige Konflikte hinzu, die erst durch<br />

die unvollständige bzw. fahrlässig identifizierte Problemstellung entstanden<br />

58 Die Einwände gegen dieses Primat von anderer Seite sind bereits angedeutet worden.<br />

Es sei an dieser <strong>St</strong>elle nochmals deutlich gemacht: Das Primat der (politischen) Ethik<br />

steht dem Wirtschaften weder inhaltlich noch kategorisch per se entgegen. Was hier<br />

als „enge Verbindung“ bezeichnet wird, versucht auszudrücken, dass sich die Zielräume<br />

von Wirtschaft und Lebensdienlichkeit überschneiden. So ist es im Interesse<br />

des Arbeitnehmers, dass seine lebensweltlichen Bedürfnisse in Abstimmung mit den<br />

wirtschaftlichen Interessen (und das bedeutet „ökonomischer Verträglichkeit“) befriedigt<br />

werden, denn: einen Teil seiner lebensweltlichen Bedürfnisse sind wirtschaftlicher<br />

Natur. Durch diese Überschneidung entsteht ein natürliches Komplement des<br />

politisch-ethischen Primats, das das Individuum auch an seine ökonomische, wenn<br />

auch derivative Existenz rückbindet.<br />

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