TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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dualrechten, wenn überhaupt, die Konsequenz einer ethischen Sensibilisierung,<br />
die die Asymmetrien transparent macht. Nur schwerlich ließe sich<br />
hieraus ein normatives Konzept entwickeln, wie es Habermas in seiner Diskursethik<br />
umsetzt. Auch wenn sich die Diskursethik von diskreten Werten<br />
und Normen ganz im Kantischen Sinne löst und eine Harmonisierung zwischen<br />
den so heterogenen Auffassungen der individuellen Akteure nur über<br />
ein homogenes Procedere der kommunikativen Interaktion zu erreichen<br />
trachtet, so beinhaltet diese Konzeption doch den dezidierten Versuch, in<br />
einem zumindest partiell normativen Ansatz die (Artikulations)Rechte des<br />
Einzelnen durchzusetzen. Der im Gegensatz zu Kant stark intersubjektive<br />
Charakter des Habermasschen diskursiven Prozesses trägt dem Gleichheitsgrundsatz<br />
in komparativer und normativer Weise Rechnung:<br />
Zum einen trägt der Grundsatz der Gleichheit das komparatistische Element<br />
in sich, denn Gleichheit ist nur festzustellen oder abzulehnen, wenn mit<br />
Nicht-Identischem, also einem beliebigen Anderen verglichen wird. Intersubjektivität<br />
weist somit einen ähnlichen Grad an komparatistischer Aktivität<br />
auf, wie es die Gleichheit implizit fordert. Über diese Wesensverwandtschaft<br />
hinaus scheint jedoch noch eine weitergehende Übereinstimmung<br />
notwendig. Wie mit dem Begriff des „impliziten Forderns“ bereits angedeutet<br />
wurde, ist dem normativistisch-programmatischen Charakter der Gleichheit<br />
Rechnung zu tragen, wenn dieser sich auf das Verhältnis der Menschen<br />
zueinander bezieht und sich am Prozess der Gestaltung eigener Lebensweltlichkeit<br />
und Lebensführung orientiert. Der bloßen Identifikation von Gleichund<br />
Ungleichheit folgt unweigerlich das, was weiter oben bereits mit Möglichkeit<br />
bezeichnet wurde. Diese Möglichkeit bezieht sich auf die tatsächliche<br />
Ausübung von Gleichheit, auf das wirksame Leben von Gleichheit. Die Prozessorientierung<br />
von Habermas kann diesem normativen Charakter zumindest<br />
im Ansatz gerecht werden. Im kategorischen Imperativ von Kant ist dagegen<br />
weder die Intersubjektivität in der Weise angelegt, noch ließe sich behaupten,<br />
dass dieser Imperativ die Beschreibung eines tatsächlichen Prozesses<br />
darstellt. Auch wenn der Kantische Imperativ als Ausgangspunkt<br />
auch für die Habermassche Konzeption dient, so ist erst diese Weiterentwicklung<br />
in ihrer neuartigen Qualität rezipierbar für die hier vorgestellte<br />
Rekonstruktion einer Ethik im Kontext von Postmoderne. Insbesondere die<br />
„transzendierende Idee eines herrschaftsfreien Diskurses“ 136, die als Gel-<br />
136 Honneth (2000a: 141).<br />
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