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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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anderer Geltungsart auf Dauer von der gesellschaftlichen Artikulation ausgeschlossen.<br />

Um diesen „stummen“ Widerstreit der Gefahr des Vergessens zu<br />

entreißen, bedarf es einer politisch-ethischen Haltung, die der sozial verdrängten,<br />

abweichenden Seite zur Artikulation verhelfen kann.“ 134<br />

Die Feststellung, dass die ökonomische Rationalität eine institutionelle Verankerung<br />

erfährt, ist ein Befund, der über die in dieser Argumentation vorgestellten<br />

Befunde hinausgeht. Die institutionelle Integration erst lässt es<br />

legitim erscheinen, von einer systematischen Verdrängung zu reden, wie dies<br />

auch bei Habermas und Ulrich vielfach beschrieben wird. Die daraus resultierende<br />

systematische Spannung gründet sich auf einen Widerspruch gesellschaftlich<br />

geteilter Werte mit den faktisch zur Anwendung gelangten Praktiken.<br />

Demnach konfligiert der Gleichheitsgrundsatz mit einer Form von Gerechtigkeit,<br />

die sich anscheinend eher marktkonform als sozial rekonstruiert. Eine<br />

soziale Form von Gerechtigkeit bezüglich des Gleichheitsgrundsatzes würde<br />

sich in dem Anliegen ausdrücken, „allen Subjekten die gleiche Chance zur<br />

öffentlichen Artikulation ihrer Interessen und Bedürfnisse zu verschaffen“ 135.<br />

Honneth macht damit Anleihen bei einer radikal- bzw. basis-demokratischen<br />

Idee und deren möglichst effektiven Umsetzung im Gesellschaftssystem.<br />

Ähnlich dem republikanischen „Programm“ von Ulrich geht mit diesem Ansatz<br />

die Identifizierung des Einzelnen in seiner Beziehung zum Mitmenschen,<br />

zur Gesellschaft und zum <strong>St</strong>aat einher. In dieser individuellen Lokalisierung<br />

werden Verantwortungs- aber auch Gesinnungssystematiken transparent,<br />

die die gesellschaftliche, soziale und politische Wahrnehmung des<br />

Einzelnen möglich machen. Damit dieser Wahrnehmungsprozess nicht zum<br />

Scheinprozess verkommt, sind Gestaltungsmaßnahmen auf allen staatlichen<br />

Ebenen notwendig, die der Wahrnehmung tatsächliche Möglichkeiten folgen<br />

lassen. Unter Möglichkeiten sind im Zusammenhang der Überlegungen von<br />

Lyotard und seiner Rezeption durch Honneth die Gleichberechtigung der<br />

Diskursarten im gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu verstehen.<br />

Im Gegensatz zu Habermas ist Lyotard in seinen Arbeiten zum postmodernen<br />

Wissen und zur Sprachtheorie der Überzeugung einer deskriptiven und<br />

nicht kritisch-theoretischen Wissenschaftspraxis gefolgt. In diesem Sinne ergäbe<br />

sich trotz der „moralischen“ Aufladung durch den Import von Indivi-<br />

134 Honneth (2000a: 139; Hervorhebungen vom Verfasser).<br />

135 Honneth (2000a: 139).<br />

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