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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Lebenserfolg wurde damals wie heute mit beruflichem Erfolg eng verbunden.<br />

Vergegenwärtigt man sich den <strong>St</strong>atus von Arbeit in der antiken Oikos-<br />

Gesellschaft, so sind hier starke Differenzen zu der industriellen Arbeitsgesellschaft<br />

der (Post-)Moderne zu erkennen. Es stehen sich die „Verachtung<br />

der Arbeit im Altertum“ und „ihre Verherrlichung in der Neuzeit“ 8 diametral<br />

gegenüber. Fortschritt in der Lebensqualität zu erreichen, bedeutete in<br />

der Antike die Emanzipation von Arbeit, die Befreiung des fleißigen und kalkulierenden<br />

Menschen von der Mühe körperlicher Arbeit, um das kulturelle<br />

und politische Leben außerhalb der Ökonomie, außerhalb des strengen Utilitarismus<br />

und der Instrumentalität zu er-leben. 9 Dagegen steht in der heutigen<br />

industriellen Arbeitsgesellschaft die Arbeit im Mittelpunkt des Lebens<br />

und seiner Verwirklichung. Die Industriegesellschaft überwindet die Klassen<br />

der Adelsgesellschaft und reproduziert sich durch die „asketische“ Arbeitsmoral.<br />

Das Wirtschaftssubjekt rekonstruiert individuellen Erfolg in dem<br />

Zirkel von Arbeit und Konsum. Die alternativen Bedürfnisse sind nur in und<br />

durch Arbeit realisierbar und für den Einzelnen vorstellbar.<br />

Das animal laborans verlernt die materialen Kräfte der Natur zu nutzen, die<br />

immateriellen, ästhetischen Kräfte zu genießen und überschätzt im gleichen<br />

Maß die Kräfte heutiger Formen der Arbeit. Vor diesem Hintergrund ist der<br />

bei Ulrich artikulierte Wunsch von einem „Wandel der Arbeitsethik vom<br />

undifferenzierten, abstrakten Laborismus zur lebensweltorientierten Tätigkeitsethik“<br />

10 zu verstehen. Das „Programm“ dieser Tätigkeitsethik skizziert<br />

Ulrich in Anlehnung an Hannah Arendt: 11<br />

„Die Tätigkeitsethik holt den konkreten Arbeitszweck und Arbeitsinhalt in<br />

die kritische Reflexion und Kommunikation der Arbeitstätigen zurück und<br />

vollzieht die im guten Sinne zeitgemässe Wiederankoppelung der Bewertung<br />

von Arbeit an lebenspraktische Kriterien.“ 12<br />

8 Arendt, H. (2001): Vita activa oder Vom tätigen Leben, 12. Aufl., München, S. 111.<br />

9 Zudem bestanden starke hierarchische Differenzierungen zwischen den unterschiedlichen<br />

Berufen und Tätigkeiten. Während die Landwirtschaft höchstes Ansehen genoss,<br />

so waren Handel und Geldgeschäfte auf den untersten <strong>St</strong>ufen bezüglich ihrer<br />

gesellschaftlichen Reputation zu finden. Sie galten als widernatürlich, als unwürdig.<br />

Vgl. zu einer weiterführenden Darstellung Nippel, W. (2000): Erwerbsarbeit in der<br />

Antike, in: Kocka/Offe (2000), S. 54-66.<br />

10 Ulrich (1993: 111).<br />

11 Ulrich entwickelt dies im Kontext der Diskussion um eine duale Lebensform, die sich in<br />

ihren strukturellen Grundlagen durch Systembegrenzung, Arbeitsumverteilung und<br />

Lebensweltentwicklung ausdrückt. Vgl. dazu näher Ulrich (1993: 460ff.).<br />

12 Ulrich (1993: 464).<br />

13

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