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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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winkel der Einheit in die Masse eingegliedert werden. Dies findet immer<br />

dann allgemeine Unterstützung, wenn<br />

� diese Abweichungen in expliziter Minorität auftreten und<br />

� die Eingliederung dieser Elemente einen zu vertretenden Anpassungsgrad<br />

derselben nicht überschreitet.<br />

Schon hier ist die Frage nach dem Kriterium der Vertretbarkeit vor die unlösbare<br />

Asymmetrie der Betroffenenzahl zur Gesamtzahl gestellt. Auch<br />

wenn die Minorität die Anpassung als nicht vertretbar einstuft, so wird sie<br />

sich aufgrund ihres Minderheitenstatus in einer demokratischen Ordnung<br />

mit demokratischen Entscheidungsprozessen nicht durchsetzen können.<br />

Dies öffnet der Exploitation von Einheit und den damit verbundenen gesellschaftlichen<br />

und individuellen Dimensionen Tür und Tor; die geschichtlichen<br />

Inzidenzien zeigen das deutlich und haben insbesondere nach der erneuten<br />

Erschütterung durch den 2. Weltkrieg dazu geführt, dass dem Einzelnen,<br />

und damit dem einzelnen Element des Ganzen (Gesellschaft bzw.<br />

Menschheit) in seinem Beitrag zur Pluralität ein höherer <strong>St</strong>ellenwert beigemessen<br />

wurde. Die Betonung von Vielfalt wird wieder zum Politikum. Vor<br />

allem die Frankfurter Schule hat diese Intentionen aufgenommen und in<br />

ihren sozialwissenschaftlichen <strong>St</strong>udien elaboriert.<br />

128<br />

„In der Tat sind wir heute – oft wohl noch zögerlich, aber doch zunehmend<br />

verbreitet – auf dem Weg, eine derartige emotionale Umstellung zu vollziehen.<br />

Wir finden uns nicht nur gehalten, zum Ideal letzter Einheit auf Distanz<br />

zu gehen und uns mit letzter Unüberschaubarkeit zu befreunden, sondern wir<br />

tun dies de facto immer stärker und zunehmend selbstverständlich. Weithin<br />

gilt unsere Suche und Aufmerksamkeit Phänomenen der Diskontinuität, Ambivalenz<br />

und Ungewißheit, der Aufdeckung von Abweichungen und Alternativen,<br />

den Hinweisen auf offene Ränder.“ 132<br />

Durch diese geschichtliche Konkretisierung und theoretische Verdichtung<br />

ergeben sich aus der programmatischen Perspektive für die Vernunft Aufgaben,<br />

die mit der Verhinderung von Überstrapazierung bzw. Instrumentalisierung<br />

des Einheitsgedankens auf Kosten von Toleranz, Integration und<br />

Partizipation zu tun haben. Vernunft hat sich als Vermögen auszuformen,<br />

„das im Medium der Vielheit zu operieren und Lösungen zu finden erlaubt“<br />

133. Die Legitimation einer aktuellen Vernunftkonzeption muss sich an<br />

132 Welsch (1996: 667).<br />

133 Welsch (1996: 668).

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