TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
dürfnisse, die aus dem funktionalen Interesse des Arbeitsprozesses zugestanden<br />
werden.“ 161<br />
Baethge bezieht sich auf Maccoby, der die Richtung der Wegbeschreitung im<br />
Typus-Begriff eines „self-developer“ zusammenzufassen sucht und damit<br />
vor allem die intellektuelle und kommunikative Emanzipation des Menschen<br />
in der Arbeit meint, die jede Rollen- und nicht rechtfertigbare Machtstruktur<br />
ablehnt und ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Privatleben anstrebt.<br />
162 Dies artikuliert einen neuen Sinnanspruch in der und an die Arbeit,<br />
welcher die Arbeit auf den Prüfstand ihres sinnspendenden Potentials<br />
stellt. 163 Diese Richtung der Überschreitung und deren Möglichkeiten stehen<br />
hinter einer ethischen Reflexion, so wie sie hier rekonstruiert wird. Im Allgemeinen<br />
geht es hierbei um die Emanzipation des Menschlichen in verdinglichten<br />
Zusammenhängen; im Speziellen geht es um gelingende Identitätserfahrung<br />
des Einzelnen in, durch und mit Arbeit. Diese Überschreitungen<br />
können vom Einzelnen ausgehen (Unternehmensidentität), aber auch<br />
institutionalisiert in den Organisationsstrukturen verankert werden (Organi-<br />
sationsentwicklung). 164<br />
161 Baethge (1991: 7; Fußnote 1).<br />
162 Vgl. hierzu Maccoby, M (1989): Warum wir arbeiten: Motivation als Führungsaufgabe,<br />
Frankfurt/New York. Die Ursachen sieht Baethge in unterschiedlichen Faktoren<br />
begründet. Der <strong>St</strong>rukturwandel (hin zur Dienstleistungsgesellschaft und hin zur zunehmenden<br />
Abhängigkeit der Arbeit von Wissen und Qualifikation) generiert eine<br />
Ausdehnung vorberuflicher Sozialisation. Auch bewirkt die Veränderung von Organisationskonzepten<br />
eine Zurücknahme rigider Arbeitsteiligkeit und tendiert zu eher<br />
komplexeren Arbeitsformen. Letztlich entsteht die Zunahme der Erwerbsbeteiligung<br />
von Frauen zu einem historisch spezifischen Zeitpunkt und unter spezifischen Bedingungen.<br />
163 Boes gibt hierbei zu Bedenken, dass bei einer über die „Informationsebene vermittelte<br />
Reflexivität der Arbeit“ im Zeitalter der Informationsgesellschaft die Gefahr besteht,<br />
dass die Informationsebene als einziges Medium der Emanzipation „die Subjekte zu<br />
Agenten ihrer eigenen Unterordnung“ (Boes 1996: 166f.) macht. Die Subjektivierung<br />
läuft damit selbst nach Regeln ab, die abzulösen sie angetreten ist. Vgl. Boes, A.<br />
(1996): Formierung und Emanzipation: Zur Dialektik der Arbeit in der „Informationsgesellschaft“,<br />
in: Schmiede (1996), S. 159-178.<br />
164 In dieser Betrachtung steht der Einzelne idealisiert der ökonomischen Rationalität<br />
gegenüber. Auch wenn der Einzelne immer auch Teil der ökonomischen Rationalität<br />
ist, so wird er hier als Vertreter der „Lebenswelt“, die ökonomische Rationalität als<br />
Vertreter der „Arbeitswelt“ rekonstruiert. Die ökonomische Rationalität sei im Kontext<br />
der Unternehmung als durch die oberen Führungsebenen repräsentiert gesehen.<br />
Dem Verfasser ist bewusst, dass diese Trennung unscharf und idealisiert ist, denn<br />
grundsätzlich repräsentiert ein jeder, der die ökonomische Rationalität konsequent<br />
auch nach innen vertritt, die ökonomische Rationalität selbst; dies geschieht zunächst<br />
233