30.11.2012 Aufrufe

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

7.3 Aktuelle kritische Reflexion<br />

Die folgende Skizzierung der Kritik greift aus den vielfältigen Aspekten zum<br />

einen die zentralen Bestimmungen der transversalen Vernunft auf und zum<br />

anderen skizziert sie exemplarisch eine zentrale Verhältnisbestimmung, das<br />

Verhältnis von Vernunft zu Rationalität. Den Abschluss bildet die Erörterung<br />

von Vernunft als (subjektives) Vermögen, was auch den Übergang zum<br />

dritten Kapitel darstellt.<br />

7.3.1 Die Reinheit der Vernunft als Selbstpurifikationsdynamik –<br />

vernünftige Grenzen<br />

Wie bereits ausgeführt, sieht Welsch die Vernunft als frei von Inhalten;<br />

lediglich die formalen Prinzipien der Logik stellen die innere Verfassung der<br />

Vernunft dar, doch die sind Form, nicht Inhalt. 179 Eine Vielzahl der Kritiker<br />

spricht sich gegen diese Leere aus, so auch Pothast:<br />

„Die Vernunft auf „die logischen Prinzipien“ vereidigt zu sehen und auf sonst<br />

nichts, macht sie (erstens) für die Rolle, die sie nach Welsch spielen soll, untauglich,<br />

und beraubt sie (zweitens) der Möglichkeit, gerade da tätig zu werden,<br />

wo die gegenwärtig dominante Theorie der Rationalität – als rational<br />

choice theory in Fragen von Handeln und Erkennen – eine eigenständige Instanz<br />

von Vernunft als dringendes Desiderat ausweist (wie der gleiche Bereich<br />

auch von alters her eine Domäne von Vernunft gewesen ist – trotz stark<br />

divergierender Vernunftauffassungen im einzelnen). (...) Wo die philosophische<br />

Gegenwart nach Vernunft vielfach fragt, ja ihre Tätigkeit einfordert (...),<br />

kann eine inhaltsleere und auch am Erwerb eigener Inhalte gar nicht interessierte<br />

Vernunft wenig beitragen, weil eben jene eigenen Inhalte (mindestens<br />

Verfahren zum Erwerb eigener Inhalte) es sind, nach denen verlangt<br />

wird. (...) Dieses Feld klassischer Vernunfttätigkeit, logisch angesiedelt vor<br />

aller Rationalität, wird preisgegeben durch eine prinzipienlose und ausdrücklich<br />

als inhaltsleer konzipierte Vernunft. Wenn die Vernunft in diesem Bereich<br />

nur übergeht, vermittelt, Reinheit anstrebt usw., aber von sich her insbesondere<br />

über Leitvorstellungen rechten Handelns unter Menschen gar nichts<br />

mehr sagen kann und will, ist sie nur noch ein Klärungsorgan nach Prinzipien<br />

einer irgendwie implantierten Logik, ein Klärungsorgan ohne essentiellen Be-<br />

179 Neben eine Unterterminierung der logischen Prinzipien bei Welsch tritt die allgemeine<br />

Problematik, aufgrund der langen Entwicklungsgeschichte und der Vielzahl<br />

der bereitgestellten Interpretationen logischer Prinzipien eine „Dekretierung“<br />

(Pothast 2000: 136) derselben durchführen zu wollen. Das würde „in die Theorie einer<br />

explizit positionsungebundenen Vernunft ein radikal dogmatisches Moment einführen,<br />

das zum Selbstbild einer solchen Vernunft in krassem Widerspruch stände.“<br />

(Pothast, U. (2000): Eine neue Vernunft und alte Probleme, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 135-<br />

137, hier S. 136).<br />

147

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!