TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Seiten (Ökonomie und Wissenschaft) keine Zustimmung. 175 Auch kann der<br />
Ansatz verfolgt werden, die „systemische Sprache“ um die lebensweltliche<br />
Semantik zu erweitern, was jedoch die Leistung der Abstraktion (ihre Vorteile<br />
bezüglich der Praktikabilität) ad absurdum führen könnte. Ein dritter<br />
Weg wäre die Übersetzung „systemexterner“ Inhalte soweit wie möglich<br />
und zu Beginn des Prozesses, auch auf die Gefahr hin, dass man sich dem<br />
Vorwurf des Reduktionismus aussetzt.<br />
In der wirtschaftsethischen Debatte lassen sich - stark verkürzt – zwei Ansätze<br />
unterscheiden, die hier als pragmatischer und theoretischer Ansatz bezeichnet<br />
werden. Während die eine Seite die Rolle der Praktikabilität, die<br />
Besonderheiten der Funktionsweise des ökonomischen Systems und die<br />
Notwendigkeit ihrer Berücksichtigung hervorhebt und für eine interdisziplinäre<br />
Pragmatik plädiert, so betreibt die andere Seite eine grundsätzliche<br />
Reflexion des ökonomischen Systems bezüglich seiner eigenen Be-Gründung<br />
im Gesamtkontext. Letztere ist im Bezug auf den <strong>St</strong>atus der Ökonomie ergebnisoffen<br />
und hat ihren Fokus eher auf der theoretischen Durchleuchtung<br />
der Tiefenstruktur, als auf der pragmatischen Implementierungsfrage. 176<br />
175 Diese explizite inhaltliche Rückbindung lässt sich in der unternehmerischen Prozessstruktur<br />
nur schwer umsetzen und würde aufgrund ihrer Komplexität im Tagesgeschäft<br />
wohl eher untergehen. Jedoch sprechen nicht nur ökonomische Praktikabilitätserwägungen<br />
dagegen: Werden in einem nach ökonomischer Methode ablaufenden<br />
Prozess spezifische Inhalte nicht „mittransportiert“, so scheint es zum Ende des<br />
Prozesses eher unwahrscheinlich, dass diese Inhalte in die rein ökonomischen<br />
Schlussfolgerungen integrierbar sind. Zum einen bleibt dabei der Einfluss des Inhalts<br />
auf die Methode unberücksichtigt (Hätte ein die systemexternen Inhalte mittransportierender<br />
(ökonomischer) Prozess nicht ganz anders ausgesehen?), zum anderen lassen<br />
sich schwerlich Inhalte „re-importieren“, die im Verlauf des Prozesses keine Berücksichtigung<br />
fanden. Sie sind in diesem Fall im Prozess selbst nicht „angelegt“, sie<br />
finden keine Anknüpfungspunkte. Ihr tatsächlicher Import könnte zu einer vollständigen<br />
Neuabwicklung des Prozesses führen - vorausgesetzt, hinter diesen systemexternen<br />
Inhalten stehen ausreichend Machtpromotoren (angelehnt an das Promotorenkonzept<br />
von Kirsch, und vorausgesetzt, dass erkannt wird, dass wesentliche Bestimmungen<br />
mit ökonomischer Relevanz nicht berücksichtigt wurden - von den Inhalten<br />
ohne direkte ökonomische Relevanz einmal abgesehen. Es zeigt sich, dass die Positionen<br />
sich nicht nur methodisch, sondern vor allem in ihrer qualitativen Differenz gegenüberstehen.<br />
Vgl. zum Promotorenkonzept Kirsch (1994: 233ff.).<br />
176 Die „pragmatische“ Position ist hier exemplarisch mit Karl Homann und Josef Wieland<br />
belegt. Der Terminus „pragmatisch“ mag insbesondere der philosophischen Position<br />
von Homann nicht gerecht werden. Jedoch sind beide Positionen insofern unter<br />
einen Begriff subsumierbar, als dass sie eine gemeinsame Zielsetzung (Wirtschafts-,<br />
Governance- bzw. philosophische Ethik mit ökonomischer Methode) aufweisen. Die<br />
Gegenposition, die „theoretische Position“, wird exemplarisch mit Peter Ulrich zitiert.<br />
Dies bedeutet nicht, dass die theoretische Position keine pragmatische Orientierung<br />
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