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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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heraus, dass es bezüglich des Verhältnisses von Vernunft und Rationalität<br />

nicht um eine Trennung, sondern lediglich um eine Unterscheidung geht. 201<br />

154<br />

„Es besteht zwar eine funktionsspezifische Unterscheidbarkeit, aber keine<br />

Trennbarkeit beider (...); vielmehr sind ‚Vernunft‘ und ‚Rationalität‘ als Bezeichnungen<br />

für unterschiedliche Operationstypen innerhalb unseres reflexiven<br />

Vermögens aufzufassen (...), wobei diese Operationstypen aufeinander<br />

angewiesen sind und in einem Passungsverhältnis zueinander stehen (...).“ 202<br />

Entscheidend ist zudem, und das bleibt im Kontext der Differenzierung von<br />

Rationalität und Vernunft zu wenig berücksichtigt, dass Vernunft durch<br />

ihren Bezug auf die Verhältnisse der Rationalitäten untereinander auf das<br />

Totale ausgreift. Insofern ist eine Diskussion um die Differenz von Vernunft<br />

und Rationalität nicht zu lösen von der Frage nach dem Verhältnis der Vernunft<br />

zur Totalität. In dem Bezug zur Totalität zeigt sich die inhaltliche und<br />

damit nicht nur operationale (!) Differenz von Vernunft und Rationalität. Die<br />

Vernunft unterscheidet sich grundsätzlich von der Rationalität durch ihren<br />

spezifischen Zugang zum Totalen; die Rationalität stellt hingegen den spezifischen<br />

Zugang zum Partialen dar. 203 Die von Welsch geforderte Differenzierung<br />

(und nicht Trennung) steht aus diesem Grund vor einer Zerreißprobe.<br />

108f.), Kleinmann (2000: 112f.), Wittwer (2000: 161f.), Wuchterl (2000: 163f.) und<br />

Wüstehube (2000: 164ff.).<br />

Vgl. hierzu Fischer, P. (2000): Im Schatten der Postmoderne, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 93-<br />

94; Givsan, H. (2000): Eine fragwürdige Verteidigung der „Vernunft“, in: EuS, Jg. 11,<br />

H. 1, S. 97-99; Franzen, W. (2000): Vernunft, Rationalität, Reinheit, in: EuS, Jg. 11, H. 1,<br />

S. 94-97; Kleinmann, B. (2000): Vernunft im Übergang, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 112-114;<br />

Wittwer, H. (2000): Wider den neuen Purism der Vernunft, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 161-<br />

162; Wüstehube, A. (2000): Rationalität versus Vernunft - Ein müßiger <strong>St</strong>reit, in: EuS,<br />

Jg. 11, H. 1, S. 164-166.<br />

201 Die Differenzierung findet sich auch in der Psychologie wieder und dort in der Konzeption<br />

der Metakognition. Diese Konzeption unterscheidet „Rationalität und Vernunft<br />

als Operationen erster und zweiter Ordnung.“ (Kraak, B. (2000): Forderungen an vernünftiges<br />

Denken, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 116-117, hier S. 116). Vgl. hierzu bspw.<br />

Weinert, F.E./Kluwe, R.H. [Hrsg.] (1984): Metakognition, Motivation und Lernen,<br />

<strong>St</strong>uttgart, und die bei Kraak (2000) angegebene Literatur.<br />

202 Welsch (2000b: 170).<br />

203 In diesem Sinne greift die Aussage von Glasersfeld zu kurz: „Vernunft ist nicht zuständig<br />

für, was man denkt, sondern für, wie man denkt. Das scheint mir eine wichtige<br />

Feststellung.“ (Glasersfeld, E.v. (2000): Ratio rediviva, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 99;<br />

Hervorhebungen im Original). Wenn man dies auf eine Kurzformel bringen möchte,<br />

dann ließe sich vielleicht sagen, dass es darauf ankommt wie was und was wie zu<br />

denken ist. Eine Ausschließlichkeit des ‚was‘ gegenüber dem ‚wie‘ zeigt nur die<br />

neuartige Akzentuierung, jedoch nicht die Komplexität des Zugangs.

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