TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10.1 Ökonomische Vernunft - Profilierung und Positionierung in der<br />
aktuellen Diskussion<br />
Um eine genauere Vorstellung von dem zu erlangen, was hier unter ökonomischer<br />
Vernunft verstanden wird, ist es hilfreich, ausgesuchte andere Positionen<br />
aus der wissenschaftlichen Debatte aufzugreifen und Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede zu identifizieren. Auf diese Weise kann eine Einordnung<br />
der hier entwickelten Konzeption gelingen und zudem versucht<br />
werden, Anschluss an diese Debatte herzustellen. Einige der Positionen, die<br />
im Folgenden nicht explizit in den thematisch pointierten Vergleich einfließen,<br />
werden kurz kommentiert, u. a. auch deswegen, um darzulegen, aus<br />
welchen Gründen sie - neben Gründen der Übersichtlichkeit - unberücksichtigt<br />
bleiben. 22<br />
Das Werk von André Gorz, „Kritik der ökonomischen Vernunft“, ist bereits<br />
explizit bezüglich der Analyse der ökonomischen Rationalität aufgenommen<br />
worden. 23 Seine <strong>St</strong>udien betreffen eher die ökonomische Rationalität und die<br />
Arbeitsgesellschaft, wie auch der Untertitel zu erkennen gibt. Er trifft keine<br />
explizite Unterscheidung zwischen Rationalität und Vernunft, sondern lässt<br />
diese implizit in seiner Argumentation zum Tragen kommen. Wenn er die<br />
Bestimmungen der Rationalität den aktuellen individuellen und gesellschaftlichen<br />
Herausforderungen gegenüberstellt, dann zeigt er auf, wo die<br />
ökonomische Rationalität „unzulänglich“ bezüglich der sie umgebenden<br />
Probleme ist. Insofern trifft auch Gorz, wie hier, eine qualitative Unterscheidung<br />
von Rationalität zu Vernunft, doch entsteht, also emergiert diese qualitative<br />
Unterscheidung und wird nicht explizit thematisiert. Das Entstehen<br />
dieser Differenz bei Gorz ist zu Beginn der hier vorgelegten Argumentation<br />
aufgenommen worden und diente zur Sensibilisierung zum einen für die<br />
Notwendigkeit einer Weiterentwicklung der ökonomischen Rationalität,<br />
zum anderen für eine qualitative Differenzierung von ökonomischer Rationalität<br />
zu ökonomischer Vernunft. Die auch bei Gorz angesprochenen Befunde<br />
der Entdinglichung durch die neuen Technologien und die gleichzeitige<br />
Verdinglichung an sich entdinglichter Gegenstände (Raum, Zeit,<br />
Sprache) wären wohl kaum ohne diese Erweiterung abzubilden.<br />
22 Zudem werden hier vornehmlich diejenigen Arbeiten betrachtet, die den Begriff der<br />
ökonomischen Vernunft (bzw. Rationalität) explizit im Titel führen.<br />
23 Gorz (1998). Vgl. auch Abschn. 1.3.<br />
175