TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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schreibungen dar. Sie sind Formen der Explizierung der Zweckmäßigkeit<br />
von Natur für das Vernunftinteresse. Die Autonomie der Vernunft scheint<br />
durch diese Verbindung der Zweckmäßigkeit zumindest teilweise aufgehoben.<br />
Die Zweckmäßigkeit selbst jedoch stellt nur in dem Sinne ein konstitutives<br />
Prinzip dar, als dass sie rein regulativ wirkt. 157 Dieses stellt u. a. die<br />
tiefere Begründung einer letztendlichen Trennung zwischen Natur und der<br />
Freiheit durch Pflicht dar. Denn würde sich die Vernunft konstitutiv auf die<br />
Natur stützen, wäre eine Trennungsthese nicht haltbar. So referiert Kant,<br />
dass hier lediglich von Entsprechungen ausgegangen werden kann, welche<br />
keinesfalls Verbindungen oder Brücken darstellen. 158 Rein logisch kann eine<br />
Befreiung aus einem Konstitut nur teilweise zutreffen, vollständig ist sie aber<br />
undenkbar, da sie sich der eigenen maßgeblichen Referenz entledigen<br />
würde. So bleiben Natur und Freiheit in Entsprechungen einander nah, doch<br />
nicht verbunden.<br />
Als Gemeinsamkeit oder Entsprechung mit der Kantischen Konzeption kann<br />
die Beantwortung der Frage nach der Verortung des Vollzugs von Vernunft bei<br />
Welsch interpretiert werden. 159 So folgt Welsch der identifizierten Nähe von<br />
Transversalität und Subjektivität160 und folgert daraus, dass Vernunft in ihrer<br />
transversalen Konzeption als „Kompetenz von Subjekten“ 161 zu verstehen ist.<br />
Im Gegensatz zu früheren Vernunftkonzeptionen, welche Vernunft als<br />
Metagebilde über alles verstanden haben, die in ihrer Omnipräsenz gleichzeitige<br />
Unabhängigkeit vom Ganzen beansprucht, oder eine Art objektiver<br />
Vernunft, die subjektunabhängig existent ist und zu der ein Zugang gefun-<br />
nis kann in einem umfassenden Kontext verortet und integriert werden. So fügt sich<br />
mit dem Ziel der vollendeten Vollendung eins zum anderen und er- und enthält<br />
antizipatorisch-teleologische Sinnhaftigkeit. Der Glaube an eine wie auch immer geartete<br />
Einheit scheint nach Welsch darin zum Ausdruck zu kommen. Es bewegt sich<br />
alle Erkenntnis auf einen vollendeten Zusammenhang hin. Zum anderen kann auf<br />
Ebene des Entdeckungszusammenhangs die Erfahrung des Naturschönen als zweckmäßig<br />
für das Vernunftinteresse angesehen werden, da das menschliche Erkenntnisvermögen<br />
in Einklang und Übereinstimmung mit der Natur erfahren wird. Somit<br />
kann auf teleologische und ästhetische Weise eine Entsprechung von Natur- und<br />
Freiheitsbegriff auch von Kant identifiziert werden, wobei aber die Verbindung weit<br />
weniger stark ist, als sie Welsch interpretiert.<br />
157 Vgl. Welsch (1996: 771).<br />
158 Vgl. Welsch (1996: 772).<br />
159 Vgl. zum Folgenden Welsch (1996: 933ff.).<br />
160 Vgl. hierzu näher das XIV. Kapitel bei Welsch (1996: 829ff.). Hier legt Welsch dar,<br />
dass transversale Vernunft für die innere <strong>St</strong>ruktur der Subjektivität unabdingbar ist.<br />
Das wird an späterer <strong>St</strong>elle explizit aufgenommen. Vgl. Abschn. 9.2.3.<br />
161 Welsch (1996: 953).<br />
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