30.11.2012 Aufrufe

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bei Müller wird insbesondere deutlich, dass die „technologische Sprache“<br />

globale Dimensionen durch ihre Allgemeinverständlichkeit erreicht. Diese<br />

Universalität geht jedoch mit einer Reduktion einher, die hier einer kritischen<br />

Reflexion zugeführt sei. Wenn nämlich die ökonomisch-technische<br />

Methode eine (sprachliche) Abstraktion verlangt, die nach Anwendung der<br />

Methode inhaltlich nicht wieder rückgebunden wird an ihren ursprünglichen<br />

Ausgangspunkt, dann hat die Methode inhaltliche Auswirkungen auf<br />

ihren behandelten Gegenstand. So äußert sich auch Müller:<br />

„Zugleich scheint unübersehbar, daß die Einheitsform industrialer Technizität<br />

in jenen Umsetzungsprozessen auch anthropologische Rückwirkungen bedingt,<br />

also von sich her das Verständnis der genuin humanen Einheit<br />

prägt.“ 173<br />

Die Kernthese der folgenden Ausführungen lautet somit: Die Methode führt zu<br />

einer Überführung des Inhalts in eine Form, kann jedoch die Form nicht wieder<br />

adäquat in ihren genuinen Inhalt zurückführen. 174<br />

Die numerische Form stellt das „ökonomisch-formalistische Nadelöhr“ dar,<br />

durch das all diejenigen Inhalte hindurch müssen, die ökonomische Relevanz<br />

erlangen wollen. Dies kann zum einen zur Folge haben, dass spezifische<br />

Inhalte keine Berücksichtigung in der ökonomischen Kalkulation finden, da<br />

sie sich nicht oder nur schlecht in die numerische Form überführen und in<br />

dieser darstellen lassen. Zum anderen kann es aber auch dazu führen, dass<br />

komplexe Inhalte den Einzug in die numerische Form der Ökonomie durch<br />

starke inhaltliche Reduktion erkaufen müssen.<br />

Diese beiden möglichen Folgen ökonomisch-formaler Abstraktion lassen sich<br />

in Beziehung setzen zu der wirtschaftsethischen Fragestellung, wann, auf<br />

welche Weise und ob überhaupt eine Übersetzungsleistung zu vollziehen notwendig<br />

ist. Bezüglich der Frage des Zeitpunktes wäre im Blick auf die<br />

Komplexitätshandhabung denkbar, dass systemexterne Inhalte erst am Ende<br />

des Wirtschaftsprozesses in den ökonomischen Kontext „importiert“ werden.<br />

Diese Form findet jedoch aus unterschiedlichen Gründen von beiden<br />

173 Müller (1994: 126).<br />

174 Vor allem bei Arendt (2001) und Horkheimer (1967) zeigen sich deutliche Interpretationen,<br />

die in die gleiche Richtung weisen. Ob es die Sinnentleerung durch die<br />

Ökonomie ist oder die Instrumentalisierung der Vernunft, die der Formalisierung vor<br />

den Inhalten das Primat einräumt, die Resultate und Konsequenzen für die Gesellschaft<br />

und den Einzelnen sind dieselben.<br />

77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!