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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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1.2 Formale Prinzipien ökonomischer Rationalität – eine kritische<br />

Reflexion 16<br />

In einem ersten Zugang verbindet man mit ökonomischer Rationalität vor<br />

allem Größen wie Produktivität, Rentabilität, Effektivität oder Gewinnmaximierung.<br />

Diese Größen sind systeminterne technische Maßstäbe der<br />

ökonomischen Methode, der wirtschaftlichen Transaktion. Rationalität wird<br />

in der ökonomischen Rekonstruktion nicht wirklich von Vernunft getrennt.<br />

So beschreibt die Theorie wirtschaftliches Handeln wie folgt:<br />

„Das wirtschaftliche Handeln unterliegt wie jedes auf Zwecke gerichtete<br />

menschliche Handeln dem allgemeinen Vernunftprinzip (Rationalprinzip), das<br />

fordert, ein bestimmtes Ziel mit dem Einsatz möglichst geringer Mittel zu<br />

erreichen.“ 17<br />

In der Gleichsetzung von allgemeiner Vernunft und Rationalprinzip zeigt<br />

sich das volkswirtschaftlich-neoklassische Erbe der Betriebswirtschaftslehre,<br />

die den Allgemeingültigkeitsanspruch der Vernunft auch auf die ökonomische<br />

Rationalität überträgt. Freimann setzt diesen Anspruch mit Ideologie<br />

gleich:<br />

„Was aber - als Allgemeingültigkeit ausgegeben - in Wahrheit nur Ausdruck<br />

des Partialinteresses der herrschenden Klasse ist, muß sich gefallen lassen,<br />

beim Namen genannt zu werden: Ideologie, falsches gesellschaftliches Bewußtsein<br />

mit herrschaftssicherndem Charakter.“ 18<br />

16 Die folgende Darstellung stützt sich vornehmlich auf Freimann, J. (1977): Ökonomische<br />

Rationalität und gesellschaftliches System. Die historische Bedingtheit wirtschaftlicher<br />

Handlungsmuster und ihre Behandlung in der betriebswirtschaftlichen<br />

Literatur, Frankfurt.<br />

17 Wöhe, G. (1973): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 11. Aufl.,<br />

München, S. 1; Hervorhebungen im Original.<br />

18 Freimann (1977: 12). So Freimann auch an anderer <strong>St</strong>elle: „Hier läßt sich bereits an<br />

dieser <strong>St</strong>elle aus der Analyse der Literatur die Vermutung äußern, daß das Rationalprinzip<br />

offenbar weniger operationales Muster privatwirtschaftlicher Realhandlung<br />

als vielmehr ideeller Ausdruck einer spezifisch kapitalistischen Rationalität ist,<br />

der Bewegung von Geld zu Mehr-Geld im Konkurrenzzusammenhang.“ (Freimann<br />

1977: 45). Und auch zum Ende seiner Argumentation: „Das rationalprinzipielle<br />

Handlungsmuster ist somit nicht einmal unter kapitalistischen Bedingungen Ausdruck<br />

eines allgültigen Vernunftgebots. Es ist Ausdruck der Akkumulationsgesetzlichkeit<br />

des Kapitals und als solcher Norm für die Wirtschaftssubjekte, die im Kapitalismus<br />

über die gesellschaftliche Produktion disponieren, Kapitalisten.“ (Freimann<br />

1977: 184).<br />

15

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