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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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wird zwar durch die Verkleinerung von Arbeitsgruppen, Institutionalisierung<br />

von Kommunikation (Regelkommunikation), Ethikkommissionen<br />

und Human-Resource-Manager versucht, diese Qualitätsdefizite zu kompensieren.<br />

Doch dies ist im Rahmen ökonomischer Rationalität, die nach Effizienz<br />

strebt, jeglichen Aufwand mit direkten Erlösen verbunden sehen will<br />

und sich langfristige Gestaltung nicht leisten kann, nur schwer durchsetzbar.<br />

Es bleibt somit festzuhalten, dass neben Chancen und Freiheiten des Arbeitnehmers<br />

zur flexiblen Arbeitsgestaltung auch Risiken in Form von Druck<br />

und Zwang durch „ökonomische Übergriffe“ treten. Durch diese erhöhten<br />

„Kontrollmöglichkeiten“ wird der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen im<br />

Kreise von Familie und Freunden erschwert.<br />

58<br />

„Es ist nur so, daß jeder sich von Zeit zu Zeit der Kontrolle entzieht, um in<br />

Freiheit und im Geheimnis zu leben, allein oder mit anderen Menschen, eine<br />

<strong>St</strong>unde am Tag, einen Abend in der Woche oder einen Tag im Monat. Und<br />

diese heimliche und freie Existenz setzt sich von einem Abend oder Tag zum<br />

anderen fort, und die <strong>St</strong>unden folgen aufeinander, eine auf die andere.“ 122<br />

Berberova schreibt davon, dass diese andere Seite des Lebens, diese Reflexion,<br />

diese Kontemplation, das zwanglose Dahintreiben als Entschleunigung<br />

helfen kann, „eine allgemeine Linie einzuhalten“ 123 . Diese aristotelischen Erkenntnisse<br />

erfahren neue Sinn-Räume, wenn sie vor dem aktuellen lebensweltlichen<br />

Hintergrund reflektiert werden. Es bleibt dieses Gegenstück zum<br />

Getriebensein nicht nur treffend, sondern auch aktuell - aktueller denn je. 124<br />

Ob sich der Einzelne dieses Gegenstück bewahrt und beschützt, ist letztlich<br />

jedem selbst überlassen. Doch dort, wo der Einzelne gar keine Möglichkeit<br />

hat, dieses zu bewahren - sei es aufgrund persönlicher Kompetenz oder aufgrund<br />

äußerer Bedingung -, kommt es zur individuellen Überforderung und<br />

damit zu einem Konflikt. Sofern dieser auf die äußeren Bedingungen<br />

122 Berberova, N.N. (1993): Das rauschende Schilfrohr, in: dies. (1993): Der Traum von<br />

Liebe, die bleibt. Drei Novellen, Hildesheim, S. 78, zitiert nach Lyotard, J.-F. (1989):<br />

<strong>St</strong>reifzüge, Wien, S. 107.<br />

123 Berberova (1993: 79; Hervorhebungen im Original).<br />

124 An späterer <strong>St</strong>elle wird dies im Kontext einer ethischen Implikation explizit behandelt<br />

werden und mit ähnlichen Befunden und Implikationen zusammengebracht werden.<br />

Vgl. hierzu Abschn. 11.3.

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