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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Aus historischer Sicht ist der durch die protestantische Arbeitsethik genährte<br />

Laborismus ursächlich für den Konsumismus; diese Ursächlichkeit stellt das<br />

zentrale Bindeglied zwischen Arbeitswelt und Lebenswelt dar. Der Konsum<br />

ist eine lebensweltliche und ökonomische Größe zugleich. Damit unterscheidet<br />

sich Konsum von volkswirtschaftlichen <strong>St</strong>ellgrößen wie Leitzins oder<br />

Nominallöhne. Der Konsum entsteht aus der lebensweltlichen Sphäre heraus,<br />

kann durch die Angebotsseite auch initiiert bzw. manipuliert werden,<br />

bleibt jedoch auch außerhalb des Kontextes Arbeit ursächlich und ursprünglich<br />

dem lebensweltlichen Rahmen verhaftet.<br />

Produktion tritt an dem Punkt aus der Ursächlichkeit heraus, wo sie nicht<br />

auf eine Nachfrage reagiert, sei sie auch extrapoliert oder antizipiert. Diese<br />

Antizipation richtet sich nämlich eher an einer volkswirtschaftlichen Erwünschtheit<br />

einer stetig wachsenden Wirtschaft aus, als an dem wirklichen<br />

individuellen Bedarf. <strong>St</strong>ellt sich dieser nicht ein, ist er durch Werbung und<br />

Promotion zu erzeugen. 75 Ein produktionsinduzierter Angebotsüberhang<br />

stellt eines der zentralen Phänomene des Abstraktionsgrades von ökonomischer<br />

Rationalität dar. Sinnhaftigkeit wird vornehmlich innerhalb des ökonomischen<br />

Systems gesucht und gefunden. Der Kreis schließt sich – und<br />

damit erfüllt sich der Sachverhalt der Existenz einer Eigendynamik –, wenn<br />

daraufhin Arten des Konsums entstehen, welche jeglicher rationaler Grund-<br />

Zeitung, 24.01.01, Nr. 19, S. 37). Neil Postman sieht in der Sportberichterstattung im<br />

Wesentlichen ein „Showbusiness“ und deutet damit die enge Verbindung von Sport<br />

und Kommerz (durch Medienberichterstattung) an und zugleich auch die Dominanz<br />

des Kommerz über den Sport. Vgl. Postman, N. (1988): Wir amüsieren uns zu Tode.<br />

Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie, Frankfurt, S. 154. Vgl. auch<br />

Schmidt, S.J./Spieß, B. (1997): Die Kommerzialisierung der Kommunikation. Fernsehwerbung<br />

und sozialer Wandel 1956-1989, Frankfurt.<br />

75 Vgl. hierzu Ven, B.v.d. (2000): Postmodernism and the Advertised Life. In Search for<br />

an Ethical Perspective on Advertising, in: zfwu, Jg. 1, H. 2, S. 155-170, der die Funktion,<br />

Rolle und Wesen der Werbung ethisch reflektiert.<br />

Pohl identifiziert einen doppelten Reduktionismus in der Denkhaltung des Marketing:<br />

Zum einen wird der Mensch nur in seiner Rolle als Konsument rekonstruiert,<br />

zum anderen wird „aufgrund einer behavioristischen Grundtendenz seine Vernunftbegabung<br />

und sein freier Wille, vorsichtig formuliert, nicht ausreichend ernst genommen.“<br />

(Pohl, T. (2001): Marketing in der Sozialen Marktwirtschaft: Eine <strong>St</strong>reitschrift<br />

für die Erneuerung des Marketing-Ethos, Bern/<strong>St</strong>uttgart/Wien, S. 146). Pohl<br />

kann in seiner weiteren Analyse die Verflechtungen von Marketing und sozialer<br />

Marktwirtschaft aufzeigen und reflektiert das Marketing auch im Rahmen einer Ökonomismuskritik.<br />

Hier wird die - kritisch zu reflektierende - Rolle und Funktion des<br />

Marketing im System Ökonomie transparent. Vgl. hierzu Pohl (2001: 68ff.).<br />

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