TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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einer jüngeren Veröffentlichung, diesen Gedanken aus seinen Überlegungen<br />
der letzten Jahre heraus: 140<br />
222<br />
„An die <strong>St</strong>elle dieser einflussreichen Idee von Gerechtigkeit, die sich politisch<br />
als Ausdruck der sozialdemokratischen Epoche begreifen lässt, scheint nun<br />
seit geraumer Zeit eine neue Vorstellung zu treten, die politisch zunächst viel<br />
weniger eindeutig wirkt: nicht mehr die Beseitigung von Ungleichheit stellt<br />
hier scheinbar das normative Ziel dar, sondern die Vermeidung von Entwürdigung<br />
oder Missachtung, nicht mehr „Gleichverteilung“ oder „Gütergleichheit“<br />
sondern „Würde“ oder „Respekt“ bilden ihre zentralen Kategorien.“ 141<br />
Aus diesen zentralen Kategorien verweist Honneth auf den Begriff der Anerkennung,<br />
der an sich in der praktischen Philosophie nicht neu ist, jedoch<br />
relevante aktuelle Bezüge erfährt. 142 Als Gründe für den aktuell zu beobachtenden<br />
Wandel bietet Honneth zwei alternative Deutungen an:<br />
Zum einen ließe sich der Wandel als Ergebnis einer „politischen Ernüchterung“<br />
143 deuten, die aufgrund der jüngsten Siege konservativer Parteien auf<br />
internationaler Ebene eingetreten ist. Dies hat Hoffnungen auf eine ökonomische<br />
Umverteilung zerstört. Übrig bleibt, zumindest eine „Beseitigung von<br />
Entwürdigung und Missachtung“ 144 zu erreichen.<br />
140 Es sei hier angemerkt, dass die bisher am häufigsten zitierte Quelle von Honneth<br />
(Honneth 2000a) einen Aufsatzband darstellt, aus dem bisher diejenigen Aufsätze zitiert<br />
wurden, die entstehungsgeschichtlich vor dem nun zitierten Aufsatz in demselben<br />
Band liegen. Außerdem wird auf einen ebenso später erschienenen Beitrag verwiesen:<br />
Honneth, A. (2000b): Anerkennung oder Umverteilung? Veränderte Perspektiven<br />
einer Gesellschaftsmoral, in: Ulrich/Maak (2000a), S. 131-150, welcher als Vortrag<br />
von selbigem in einem öffentlichen Zyklus anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong> gehalten wurde. Dieser Vortrag fasst „einige Überlegungen<br />
programmatisch zusammen“, die Axel Honneth „in den letzten Jahren an verschiedenen<br />
Orten systematisch entwickelt“ (Honneth 2000b: 131) hat.<br />
141 Honneth (2000b: 131f.).<br />
142 Honneth selbst zeigt die Verwendung dieses Begriffs bei Fichte und Hegel. Vgl.<br />
hierzu Fichte, J.G. (1971): Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre,<br />
in: Fichte, I.H. (Hrsg.), Fichtes Werke III, Zur Rechts- und Sittenlehre I,<br />
Berlin; Hegel, G.W.F. (1967a): Jenaer Realphilosophie. Vorlesungsmanuskripte zur<br />
Philosophie der Natur und des Geistes von 1805-1806, hrsg. von Johannes Hoffmeister,<br />
Hamburg; Hegel, G.W.F. (1967b): System der Sittlichkeit, hrsg. von Georg Lasson,<br />
Hamburg. Vgl. hierzu auch Honneth, A. (1992): Kampf um Anerkennung. Zur moralischen<br />
Grammatik sozialer Konflikte, Frankfurt. Zu den aktuellen Bezügen vergleiche<br />
die Ausführungen bei Honneth (2000b: 133ff.).<br />
143 Honneth (2000b: 132).<br />
144 Ebenda.