TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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tungsbedingung von moralischen Normen argumentativ entwickelt wird, ist<br />
durch ihre Nähe zum Gleichheitsgrundsatz anschlussfähig an das „Andere“<br />
der Gerechtigkeit, wie sich auch Habermas ausdrückt. 137<br />
„Solidarität ist für Habermas deswegen die andere Seite der Gerechtigkeit,<br />
weil in ihr sich alle Subjekte wechselseitig um das Wohl des jeweils anderen<br />
bemühen, mit dem sie zugleich als gleichberechtigte Wesen die kommunikative<br />
Lebensform des Menschen teilen.“ 138<br />
Jedoch, und dies wird in diesem Zitat deutlich, bewegt sich Habermas in einem<br />
Zirkel der Voraussetzungen, den auch Honneth anmahnt. Der Zustand<br />
der Gleichberechtigung der „Wesen“ in einer kommunikativen Lebensform<br />
ist ihrerseits wieder an Bedingungen gebunden, die eine Form von Wertegemeinschaft<br />
beschreiben. Die Entstehung einer Wertegemeinschaft wiederum<br />
erfordert einen Prozess der Vergegenwärtigung von Gemeinsamkeiten<br />
mit Anderen, welche Anstrengungen des Erhalts dieser Gemeinschaft<br />
rechtfertigt.<br />
„Nun kann sich ein derartiges Gefühl der sozialen Zugehörigkeit zu einer<br />
gemeinsamen Lebensform überhaupt nur in dem Maße bilden, in dem auch<br />
Belastungen, Leiden und Aufgaben als etwas Gemeinsames erfahren werden;<br />
und weil sich eine derartige Erfahrung gemeinsamer Belastungen und Nöte<br />
wiederum nur unter der Bedingung kollektiver Zielsetzung entwickeln kann,<br />
die Definition solcher Ziele aber allein im Lichte geteilter Werte möglich ist,<br />
bleibt die Entstehung eines Gefühls der sozialen Zugehörigkeit zwangsläufig<br />
an die Voraussetzungen einer Wertegemeinschaft gebunden.“ 139<br />
Folgt man dem Gedanken des „Anderen“ – ob Person, Gerechtigkeit oder<br />
Vernunft – in den weiteren sozialen Rahmen hinein, ergibt sich zumindest<br />
ein zentraler Gedanke, der noch nicht Diskurs selbst ist, doch immanent mit<br />
ihm verbunden. Die beschriebene Sukzession von Ahnung-Einsicht-Setzung<br />
führt von der anderen Seite ebenso auf diesen Gedanken; es ist der Gedanke<br />
der Anerkennung. Anerkennung in der sozialen Gemeinschaft kommt bereits<br />
in materialen Parametern (bspw. kodifiziertes Recht) zum Tragen, ist aber<br />
selbst nicht Diskurs, doch dem Diskurs näher als die hier skizzierte Einstellung<br />
- nicht inhaltlich, sondern prozessual. Honneth selbst entwickelt, in<br />
137 Vgl. hierzu Habermas (1991: 70).<br />
138 Honneth (2000a: 168).<br />
139 Ebenda.<br />
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