TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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nicht schon immer eine systemäquivalente Umdeutung erfahren. 195 Den<br />
organisatorischen Kern stellt bei Kirsch die Konzeption der „evolutionsfähigen<br />
Unternehmung“ dar. 196 Bei dieser evolutionsfähigen Unternehmung<br />
steht das Bestreben im Vordergrund, „einen Fortschritt in der Befriedigung<br />
der Bedürfnisse und Interessen der vom Handeln der Organisation direkt<br />
oder indirekt Betroffenen zu erzielen“ 197. Diesen Zielpunkt bezeichnet Kirsch<br />
als Fortschrittsmodell. 198 Bevor ein Unternehmen diese <strong>St</strong>ufe erreicht, „überwindet“<br />
es das Instrumentalmodell, in dem die Unternehmung „in allererster<br />
Linie als Instrument zur Durchsetzung von Interessen der primären Nutznießer“<br />
interpretiert wird. Die mittlere <strong>St</strong>ufe stellt das Überlebensmodell dar,<br />
das primär darauf ausgerichtet ist, angesichts aller Veränderungen innerhalb<br />
und außerhalb der Unternehmung den eigenen Bestand zu sichern. Der<br />
Zielpunkt dieser Höherentwicklung der Rationalität der Unternehmung<br />
generiert und reproduziert die Fähigkeiten der Unternehmung, stellt also<br />
deren rationalen Bezugsrahmen, deren Referenz dar. 199<br />
Die evolutionsfähige Unternehmung und ihre Ko-Evolution wird in der hier<br />
entwickelten Konzeption durch den Wechsel zwischen Routine und Flexi-<br />
195 Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Unternehmung sich vollständig nach dem richtet,<br />
was die Umwelt, und damit nämlich auch der Markt, vorgibt; dies käme einem Sachzwang<br />
gleich.<br />
196 Wiesmann (1989: 259ff.) sieht enge Verbindungen zwischen der Kirsch’schen Position<br />
und der Position von Welsch, wenn man das Konzept der evolutionsfähigen Unternehmung<br />
betrachtet. Insbesondere die Komplementarität von prinzipieller und okkasioneller<br />
Rationalität, die sich an Spinner anlehnt, entspricht im Welsch’schen System<br />
der Komplementarität von Moderne und Postmoderne. Allerdings bleibt die Analyse<br />
von Wiesmann in ihren Analogien zu ungenau.<br />
197 Kirsch (1997: 653).<br />
198 Das Fortschrittsmodell kann aus der expliziten Betrachtung organisatorischer Fähigkeiten<br />
als kontrafaktisches Modell rekonstruiert werden, da die Feststellung der<br />
Fähigkeit stark beobachterabhängig ist. Schreiner (1998: 240ff.) resümiert vor dem<br />
Hintergrund einer Fähigkeitenbetrachtung, dass es adäquater erscheint, von einer<br />
fortschritssbewussten, anstatt von einer fortschrittsfähigen Unternehmung zu sprechen.<br />
Dies zollt nicht nur dem Ansatz eines gemäßigten Voluntarismus Tribut, sondern<br />
verdeutlicht auch die konsequent postmoderne Rekonstruktion der Moderne.<br />
199 Vgl. hierzu auch Bretz (1988: 321ff.). Unter dem Begriff der „Kultivierung der Intuition“<br />
verbindet Bretz die Sinnmodelle und deren Dynamik mit einer Betrachtung von<br />
linksseitiger (prinzipieller) und rechtsseitiger (okkasioneller) Rationalität und knüpft<br />
damit u. a. auch an die Doppelvernunft nach Spinner (1994) an. Bretz zeigt zudem<br />
auf, in welcher Weise sich in der Höherentwicklung der Unternehmung die Art der<br />
Austauschprozesse und die Komplexitätshandhabungsstrategien ändern und inwieweit<br />
diese wiederum mit der prinzipiellen und okkasionellen Vernunft in Verbindung<br />
stehen. Vgl. insbesondere die graphische Darstellung bei Bretz (1988: 333).<br />
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