TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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ad a): Dieser Fall der Öffnung muss nicht bedeuten, dass tatsächlich über die<br />
eigenen rationalen Grenzen hinaus vollzogen wird. Die Öffnung hat eher<br />
strategischen Charakter und nur so lange Bestand, solange diese Öffnung<br />
von Nutzen für die ökonomische Rationalität selbst ist; letztlich verstärkt sie<br />
diese nur. Einsicht und Notwendigkeit sind dann nur in Bezug auf die eigenen<br />
Absichten relevant. Wenn die Ökonomie feststellt, dass sie mit ihren Annahmen<br />
und Methoden nicht mehr ausreichend komplex die Umwelt darstellen<br />
kann, dann versuchen die Akteure des ökonomischen Systems neue<br />
Inhalte aufzunehmen, indem sie diese in die ökonomische Sprache übersetzen.<br />
Zielpunkt ist dabei die rein ökonomische Zwecksetzung, das bedeutet,<br />
die <strong>St</strong>eigerung der ökonomischen Effektivität und Effizienz. Diese Form der<br />
„Öffnung“ bleibt der instrumentellen Rationalität verhaftet und festigt ihre<br />
eigene Position.<br />
ad b): Anders dagegen die Form der Öffnung, die in verständigungsorientierter<br />
Absicht vorgenommen wird. Diese Öffnung geschieht vornehmlich<br />
aus dem Gedanken heraus, dass eine Verknüpfung der unterschiedlichen<br />
Bereiche den tatsächlichen Problemstrukturen in der realen Umwelt näher<br />
kommt, nicht, um ausschließlich den eigenen Bereich zu stärken. Übergänge<br />
zwischen den Bereichen stehen wegen ihrer Rolle und der damit verbundenen<br />
Authentizität der Wahrnehmung auf Ebene des Entdeckungszusammenhangs<br />
tendenziell dem Kriterium der Lebensdienlichkeit nahe. Diese<br />
Lebensdienlichkeit konkretisiert sich hier in der Adäquanz von Problem- zu<br />
Handhabungskomplexität: Die Öffnung der ökonomischen Rationalität entspricht<br />
der tatsächlichen Verflechtung von System und Lebenswelt. Sie ist<br />
damit die Bedingung der Möglichkeit einer Ahnung um die Notwendigkeit<br />
von Verknüpfung. Diese Ahnung kann innerhalb der ökonomischen Rationalität<br />
durch Reflexion generiert werden, um sich dann in einem weiteren<br />
Schritt dem Vollzug der Vernunft zu stellen. Der Inhalt der Vernunft,<br />
nämlich die Einsicht in die Notwendigkeit der tatsächlichen und dauerhaften<br />
Verknüpfung von Rationalitäten, scheint damit in die Rationalität hineinzuwirken.<br />
Dieses „Hineinwirken“ von Vernunft in die Rationalität geschieht<br />
188<br />
tatsächlichen Kommunikation. Da es in diesem Kontext um Rationalitäten und Vernunft<br />
geht, also eher um die Bedingungen von Kommunikation, entsteht keine vollständige<br />
Überschneidung – ähnlich zu der Ulrichschen Position – des Objektgegenstandes,<br />
jedoch sind in dem Punkt der Einstellungen zueinander Äquivalente zu entdecken.<br />
Vgl. hierzu vor allem Habermas, J. (1981a): Theorie des kommunikativen<br />
Handelns, Band 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung,<br />
Frankfurt.