TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Honneth fasst die neuartige Auseinandersetzung der Postmoderne folgendermaßen:<br />
„Von der Idee einer moralischen Berücksichtigung des Besonderen, des Heterogenen,<br />
nimmt daher auch die Ethik der Postmoderne heute ihren theoretischen<br />
Ausgang; nicht anders als die ungeschriebene Moraltheorie Adornos<br />
kreist sie um die Vorstellung, daß sich erst im angemessenen Umgang mit<br />
dem Nicht-Identischen der Anspruch menschlicher Gerechtigkeit erfüllt.“ 73<br />
Honneth deutet hier bereits dasjenige Spannungsfeld an, in dem sich die<br />
Diskussion um eine Ethik der Postmoderne entfalten wird: Das Kriterium der<br />
Gerechtigkeit steht in dialektisch-produktiven Verhältnis zu dem Grundsatz der<br />
Gleichbehandlung.<br />
In dieser Argumentation konnte aufgezeigt werden, dass die ökonomische<br />
Vernunft in Richtung einer Ethik der Ökonomie weist. 74 Für eine solche stellt<br />
sie notwendige Voraussetzung dar. Welsch selbst macht dies deutlich:<br />
„Diese Implikationen [ethische; T.B.] scheinen mir äußerst wichtig. Sie bedeuten,<br />
daß unseren Begründungs- und Rechtfertigungsvollzügen ethische<br />
Forderungen eingebaut sind - daß es eine epistemische Ethik gibt. Deren ausführliche<br />
Darstellung wäre ein lohnendes Unternehmen.“ 75<br />
73 Honneth (2000a: 134).<br />
74 So äußert sich auch Kreß: „Aus der Perspektive der Sozialethik gesagt, besteht die<br />
Bedeutung eines solchen prozessualen oder prozeduralen Vernunftbegriffes darin,<br />
daß er mit dem Leitbild der aktiven ethischen Toleranz bzw. dialogischen Toleranz<br />
korrespondiert.“ (Kreß, H. (2000): Transversale Vernunft in ihrer Abhängigkeit von<br />
ethischen Voraussetzungen, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 117-119, hier S. 117f.).<br />
Ähnlich auch Rehmann-Sutter: „Der Schluß, den man m.E. ziehen müßte, den Welsch<br />
hier aber zumindest nicht explizit zieht, ist, daß die Kriterien für die Evaluation verschiedener<br />
Vernunftkonzeptionen ethische Kriterien mit einschließen. Es geht nicht<br />
nur um korrekte Selbstdarstellung und kohärente Exposition, sondern um die Angemessenheit<br />
einer Selbstkonzeption in pragmatischer Hinsicht hier und jetzt.“ (Rehmann-Sutter,<br />
C. (2000): Kathartik der Vernunft?, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 137-139, hier S.<br />
137; Hervorhebung im Original).<br />
Baumann (1995: 33) spricht von der „moralischen Unsicherheit“ in der Postmoderne.<br />
Schon früher hatte Gehlen der Kultur der Postmoderne eine „reizvolle Unverantwortlichkeit“<br />
attestiert. Vgl. Gehlen, A. (1963c): Über kulturelle Kristallisation, in:<br />
ders. (1963a), S. 311-328, hier S. 325. In Bezug auf die IuK-Technologien ist dies mit<br />
der sich öffnenden Schere zwischen den Fähigkeiten des Menschen in der heutigen<br />
technologischen Welt und der zeitlichen und räumlichen Distanz zu den Folgen<br />
unserer in Handlungen umgesetzten Fähigkeiten beschrieben worden. Vgl. hierzu<br />
Abschn. 2.3.<br />
75 Welsch (2000b: 175).<br />
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