TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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vor allem systematischer Natur ist; insbesondere dann gelingt eine Schließung<br />
systematisch nicht. Bauman sieht hierin die Ursache für die „moralische Unsicherheit“,<br />
die sich in der Postmoderne zeigt:<br />
52<br />
„Unsere Zeit ist eine der tiefempfundenen moralischen Ambiguität: sie offeriert<br />
eine nie zuvor gekannte Entscheidungsfreiheit und befängt uns gleichzeitig in<br />
einem nie quälenderen Zustand der Unsicherheit.“ 112<br />
Diese Unsicherheit ist auch im Umgang mit den neuen Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien zu beobachten. Dabei liegen die Gründe vor<br />
allem in den Charakteristika der Kommunikationstechnologien selbst begründet.<br />
Virtualität und Immaterialität, Anonymität und Intransparenz (in<br />
Bezug auf die Handlungen und ihre Folgen) verändern das Verständnis von<br />
Sozialität, sozialen Räumen, Kommunikation und Verantwortung. 113 Dies<br />
stellen Herausforderungen (und Überforderungen) für den Einzelnen, aber<br />
auch für die ganze Netsociety dar. 114<br />
Diskurs bspw. Zweck, A. (1993): Die Entwicklung der Technikfolgenabschätzung<br />
zum gesellschaftlichen Vermittlungsinstrument, Opladen.<br />
112 Bauman, Z. (1995): Postmoderne Ethik, Hamburg, S. 38.<br />
113 Eine ausführlichere Darstellung der Implikationen von IuK-Technologien für Gesellschaft<br />
und Individuum kann an dieser <strong>St</strong>elle (leider) nicht geschehen. Zentrale Fragen<br />
wären hier: Wie verändert sich die Sozialität der Menschen, wenn die face-to-face<br />
Kommunikation zunehmend durch die Beschäftigung mit anderen Kommunikationsmitteln<br />
ersetzt werden sollte? Wie verhält es sich mit der Erfahrung von zunehmender<br />
Virtualität? Was bedeutet Endgültigkeit in Zeiten der Digitalisierung, in denen<br />
Endgültigkeit an Bedeutung verliert und Vorläufigkeit, also die Reversibilität von<br />
Handlungen zum <strong>St</strong>atus Quo wird? Wie verhält sich der Einzelne zu der Erfahrung<br />
von Fraktale (die neuen IuK-Technologien führen zu einer Zersplitterung von Handlungsketten,<br />
führen zu einer neuen Form von Unübersichtlichkeit)? Insbesondere der<br />
Befund der „Fraktale“, der zum Ausdruck bringt, dass die mediale Kommunikation<br />
für den Einzelnen und letztlich auch für die Gemeinschaft unsichtbar und intransparent<br />
ist, birgt materiale ethische Implikationen in sich. In der Literatur werden diese<br />
Fragen zwar angesprochen, bleiben aber in ihren ethischen Implikationen unterbestimmt.<br />
Literatur, die sich direkt oder indirekt mit diesen Fragen beschäftigt, ist u. a.<br />
<strong>St</strong>einmüller, W. (1993): Informationstechnologie und Gesellschaft, Darmstadt; Wenzel<br />
(1997); Paetau, M. (1997): Sozialität in virtuellen Räumen?, in: Becker/Paetau (1997), S.<br />
103-134; Johnson (1997); Sandbothe, M. (1998): Transversale Medienwelten. Philosophische<br />
Überlegungen zum Internet, in: Vattimo, G./Welsch, W. (Hrsg.), Medien –<br />
Welten Wirklichkeiten, München, S. 59-83; Lyon, D. (1998): Cyberspace-Sozialität:<br />
Kontroversen über computervermittelte Beziehungen, in: Vattimo/Welsch (1998), S.<br />
87-105. Zu den ethischen Implikationen siehe bspw. Bauman (1995: 217ff.), der die sozialen<br />
Räume in ihrer neuen kognitiven, ästhetischen und moralischen Bedeutung reflektiert.<br />
114 Vgl. zu den Aspekten der Netsociety Ulrich, P. (2001): Die Netsociety - technokrati-