TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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digma mehr als nur eine exemplarische Anwendung, mehr als eine konkrete<br />
Problemlösung. Wie zuvor schon ausgeführt, ergäbe sich ein methodisches<br />
Problem der Subsumption dieser exemplarischen Bedeutung unter die rational-strukturelle<br />
Semantik. Ein gleichzeitiges Bestehen dieser Interpretationen<br />
nebeneinander ist somit nach Welsch nicht vertretbar. Die Kuhnsche Konzeption<br />
scheint den Welsch’schen Schritt schon vorzuzeichnen, indem sie die<br />
„Musterbeispiele“ nicht autoritativ, sondern pragmatisch versteht145, jedoch<br />
ist auch die Welsch‘sche Fokussierung auf die rein rationale <strong>St</strong>ruktur des<br />
Paradigmas nur bedingt nachvollziehbar. Führte man sich vor Augen, in<br />
welchem Maße „Musterbeispiele“, also herausragende, die scientific community<br />
erschütternde wissenschaftliche Forschungsarbeiten dazu führen können,<br />
einen Richtungswechsel des weiteren wissenschaftlichen Progresses<br />
tatsächlich herbeizuführen, dann stellen diese Impulse ein wichtiges und<br />
wirksames Komplement zu den strukturellen Verschiebungen dar. 146<br />
Bei Welsch tritt das Paradigma als Ergebnis des zweiten Pluralisierungsschrittes<br />
neben die Rationalitäten und ist in der Lage, deren Prozesse und<br />
Entwicklungen näher zu beschreiben und zu differenzieren. Durch ein solches<br />
Paradigmen-Verständnis kristallisiert sich zunehmend deren zentrale<br />
Relevanz für die Welsch’sche Konzeption heraus. Sie sind die Vehikel der<br />
Transversalität, sie sind die aktionalen Parameter.<br />
7.1.2 Exkurs: Die Überwindung des Trennungstheorems des Rationalismus<br />
Im Folgenden wird das Trennungstheorem des Rationalismus im Ansatz von<br />
Welsch reflektiert. Vor diesem Hintergrund wird die Position einer Transversalität<br />
deutlicher.<br />
(Descartes)<br />
Descartes begann, die verknüpfte Realität platonischer und aristotelischer<br />
Beschreibungen aufzubrechen. 147 Die Antike hatte es noch als eine der höchsten<br />
Errungenschaften eines Philosophen angesehen, wenn dieser in der Lage<br />
145 Vgl. hierzu Welsch (1996: 546; Fußnote 13).<br />
146 Es sind bspw. in Abschnitt 5.2 u. a. die Arbeiten zu Autopoiese und Selbstorganisation<br />
aufgeführt worden. In diesem Zusammenhang wurde auch die Bedeutung von<br />
sogenannten „Bifurkationen“ in systemischer Entwicklung herausgestellt. In diesen,<br />
über das System, hier also Rationalitätsbereich, hinausweisenden Impulsen kommt<br />
ein Element des Übergangs zum Ausdruck, welches nach Meinung des Verfassers<br />
konstitutive Funktion annehmen kann.<br />
147 Vgl. auch hierzu u. a. die Darstellung bei Welsch (1996: 766ff.).<br />
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