TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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ung organisatorischer Fähigkeiten dar. Um eine Ausbildung dieser Fähigkeit<br />
zu erlangen, bedarf es eines Entwicklungsprozesses, der vor allem die<br />
innere Verfassung der Unternehmung, die Rationalität der Unternehmung im<br />
Auge hat. 186<br />
Die herkömmliche Organisationsentwicklung konzentriert sich, wie bereits<br />
erwähnt, auf die intendierte, geplante Entwicklung der Unternehmung.<br />
Auch eine Konzeption, die evolutive Elemente aufnimmt, kommt um den<br />
Anteil an Planung nicht herum; Planung und Evolution verhalten sich in diesem<br />
Kontext komplementär zueinander. In dieser Komplementarität verändert<br />
sich auch das Planungselement selbst. Planung, die in Verbindung mit<br />
Evolutivem gedacht und konzipiert wird, stellt sich anders dar, als die herkömmliche<br />
„<strong>St</strong>absplanung“. Die Integration des evolutiven Elements stellt<br />
nicht nur an sich eine Veränderung zu den herkömmlichen Modellen dar,<br />
auch die weitreichenden Konsequenzen, die diese Integration bspw. auf sein<br />
Komplement „Planung“ zeitigt, unterscheiden die Modelle.<br />
Das Planungselement der Organisationsentwicklung ist transitiv, das evolutive<br />
Element ist intransitiv. Wenn ein Gegenstand entwickelt wird, dann impliziert<br />
dies grundsätzlich andere Kategorien, als wenn sich ein Gegenstand<br />
von selbst entwickelt. Der „Machbarkeitscharakter“ der Planung bedeutet<br />
eine stärkere Involviertheit in jeden Teil des Prozesses. Eine Planung, die sich<br />
komplementär zu evolutiven Elementen konstituiert, kann nicht in der Weise<br />
einer betriebswirtschaftlichen und voluntaristisch-traditionellen Machbar-<br />
186 Diese Rationalität der Unternehmung stellt immer eine Mischform aus systemischen<br />
und lebensweltlichen Rationalitäten dar. Die zu Beginn der Argumentation entwikkelte<br />
Konzeption ökonomischer Rationalität kann hiermit nur bedingt gleichgesetzt<br />
werden. Diese dort skizzierte „reine“ Form stellt eine theoretische Idealisierung dar,<br />
die versuchte, die Gegenstände zu identifizieren und zusammentragen und deren<br />
theoretischen und auch phänomenologischen Ursprung aufzuzeigen. Hier wird dagegen<br />
davon ausgegangen, dass der Kontext der Unternehmung derjenige Bereich ist,<br />
in dem die ökonomische Rationalität zwar dominant ist, aber nicht den einzigen rationalen<br />
Bezugsrahmen darstellt. Kirsch (1996: 357ff.) hat die rationale Gemengelage<br />
der Unternehmung als derivative Lebenswelt bezeichnet und damit darauf hingedeutet,<br />
dass die rationale Verfasstheit der Unternehmung als Lebenswelt interpretiert werden<br />
kann, da sie zum einen lebensweltlich-ähnliche Momente aufweist und zum anderen<br />
immer auch mit lebensweltlicher Rationalität durchsetzt ist. Interessant ist die<br />
Begriffswahl von Kirsch in diesem Zusammenhang deswegen, weil dadurch auch<br />
gleichzeitig ein lebensweltliches Apriori zum Ausdruck kommen kann: Die Unternehmung<br />
kann sich eben nie vollständig gegenüber der Lebenswelt abschotten, sondern<br />
ist immer auf sie angewiesen und letztlich auf sie verwiesen.<br />
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