TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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ist eine voraussetzungsfreie Berücksichtigung der pluralen <strong>St</strong>ruktur als Realverfassung<br />
der Rationalität möglich.<br />
(Leere)<br />
Die „Leere“ der Vernunft bezieht sich auf inhaltliche, materiale Prinzipien,<br />
nicht jedoch auf formale Prinzipien. Welsch konkretisiert dies:<br />
144<br />
„Gleichwohl ist Vernunft nicht einfachhin leer. Zwar ist sie frei von allen inhaltlichen<br />
Prinzipien, aber ihr sind formale Prinzipien zu eigen: die logischen<br />
Prinzipien. Diese bilden das genuine Instrumentarium der Vernunft. Vernunft<br />
verfügt über operative Grundsätze wie beispielsweise das Widerspruchsprinzip<br />
und elementare Kategorien wie Identität und Differenz, Einzelheit,<br />
Vielheit und Totalität, Beharren und Veränderung, Grund und Folge, Möglichkeit<br />
und Notwendigkeit, Einheitlichkeit, Partikularität, Widerspruch, Kohärenz<br />
und dergleichen. Die Vollzüge der Vernunft erfordern das Innehaben<br />
dieser logischen Prinzipien (der operativen Grundsätze wie der Elementarbegriffe)<br />
und bringen jeweils einige davon zur Anwendung. Vernunft ist ein<br />
wesentlich logisches Vermögen.“ 168<br />
Diese Freiheit von materialen Prinzipien veranlasst Welsch dazu, von einer<br />
Reinheit der Vernunft zu sprechen. 169 Diese Form von Objektivität verleiht<br />
der Vernunft eine „Souveränität und Universalität“ 170, denn sie ist nicht inhaltlich<br />
„vorbelastet“, kann frei wählen und entscheiden, was nach gewissen<br />
Regeln abläuft, die formale Prinzipien genannt werden.<br />
„Anders als diese [Positionen; T.B.], ist sie nicht an bestimmte Inhalte (Überzeugungsgeflechte,<br />
historische <strong>St</strong>andards, eine bestimmte Weltsicht oder dergleichen)<br />
gebunden. Vernunft ist von solch inhaltlichen Prämissen frei. Vernunft<br />
scheint eigentümlich rein zu sein – und anders nicht Vernunft sein zu<br />
können.“ 171<br />
168 Welsch (2000a: 84; Fußnoten weggelassen).<br />
169 Es sei an dieser <strong>St</strong>elle die Kritik von Kettner vorgezogen, der bemerkt, dass die Kohärenz<br />
„aus der formalen („logischen“) Reinheit“ ausschert, denn es „muß klar sein, daß<br />
Kohärenz (ähnlich übrigens wie der Begriff der Relevanz) überhaupt kein formallogisches<br />
(= in allen möglichen Welten gültiges) Verhältnis bezeichnet“ (Kettner, M.<br />
(2000): Wie leer und rein ist die transversale Vernunft?, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 110-112,<br />
hier S. 111). Welsch (2000b: 178) gesteht in seiner Replik hier eine Verwechslung mit<br />
dem Begriff der „Konsistenz“ ein.<br />
170 Welsch (2000a: 84).<br />
171 Ebenda.