TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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ilität maßgeblich charakterisiert gesehen. 200 Die Balance zwischen diesen<br />
Größen ermöglicht wiederum dem Einzelnen, seine Räume der Selbstorganisation,<br />
Räume der Autonomie zu erhalten, eine Form individueller Selbstbestimmung<br />
zu verwirklichen und damit eine Balance zwischen Arbeit und<br />
Leben zu erreichen. 201 Diese Selbstbestimmung stellt einen Teil der Anerkennung<br />
des Einzelnen dar und ermöglicht dessen Selbstachtung. Somit<br />
können diese Methodenübergänge als vernünftige Übergänge interpretiert<br />
werden, auf deren Grundlage eine intersubjektiv-ethische Konsequenz, der<br />
Übergang zum Anderen, rekonstruiert werden kann. Methodenwechsel generieren<br />
eine Art „Schutzraum“, eine spezifische Form von Unternehmenskultur,<br />
in der die individuellen Entscheidungen auch trotz sozialer und<br />
fachlicher Zwänge der Unternehmung faktisch möglich sind. Eine solchen<br />
Übergang in zweifacher Weise zu etablieren, dies stellt sich als eine der zentralen<br />
Herausforderungen der Gestaltung von Unternehmen dar.<br />
200 „Routine“ wurde bereits im Zusammenhang mit der Flexibilisierung näher beschrieben.<br />
Vgl. hierzu Abschn. 2.2. Routine stellt eine „Insel“ im <strong>St</strong>rom der Geschäftigkeit<br />
dar, die immun ist gegen alltäglichen Druck und Hektik. Dieser Raum ist wesentliche<br />
Voraussetzung der Möglichkeit einer Erzählung, einer Identitätsbildung. In dieser<br />
Selbstreflexion identifiziert sich der Einzelne in seinen Erwartungen und Ansprüchen,<br />
aber auch in seinen Fähigkeiten und Beiträgen für die Unternehmung und kann auf<br />
diese Weise reflektierter zu einem gemeinsamen organisatorischen Prozess beitragen.<br />
201 Eine solche Selbstbestimmung beobachtet Voß im Kontext der Unternehmung und<br />
beschreibt dies als eine ideelle oder motivationale Entgrenzung, welche dazu führt,<br />
dass eine gemeinsame (organisationale) Ausrichtung und Orientierung der Mitarbeiter<br />
zur Ausnahme betrieblicher Praxis mutiert. Eine „kognitive Parallelisierung“, welche<br />
noch vor einigen Jahren als Zeichen einer optimal umgesetzten Unternehmenskultur<br />
(in diesem Fall i.S.v. Identifikation mit der Unternehmung gemeint) galt, wird<br />
heute– als eher unkreativ, nicht produktiv und im strategischen Sinne als<br />
problematisch empfunden. Vgl. nach Voß (1998) beispielsweise Clutterbuck,<br />
D./Kernaghan, S. (1995): Empowerment – So entfesseln Sie die Talente ihrer<br />
Mitarbeiter, Landsberg; Herriot, P./Pemberton, C. (1994): Competitive Advantage<br />
Through Diversity. Organizational Learning from Difference, London; Sprenger, R.K.<br />
(1996): Mythos Motivation. Wege aus einer Sackgasse, Frankfurt/New York. Der<br />
Einzelne muss auf dem Wege der Eigenmotivierung eine selbständige Sinnsetzung in<br />
der und in die Arbeit vornehmen, er soll die Charakteristika seiner individuellen<br />
Persönlichkeit wahrnehmen, handhaben und in dieser personalen Differenz zu seinen<br />
Kollegen die Quelle der interpersonalen Produktivität suchen und ausschöpfen.<br />
Differenz wird aus dieser Perspektive nicht destruktiv wahrgenommen, sondern<br />
konstruktiv aufgelöst.<br />
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