TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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nahme und Akzeptanz des Anderen erwachsen kann. Die Erfahrung der<br />
Selbstachtung ermöglicht die Weitergabe dieser Erfahrung. Dies bezieht sich<br />
zum einen auf die Akzeptanz des Anderen und zum anderen auf die Weitergabe<br />
der Selbstachtung. 101<br />
� Andererseits wird die „Selbstbeherrschung“ durch die Erfahrung der<br />
Akzeptanz durch Andere generiert. Konstitutiver Teil des Für-sich-seins ist<br />
die äußere, die soziale Akzeptanz. Auf diese Weise, in einer Rückkoppelungsschleife,<br />
rekonstruiert und rekonstituiert sich die Akzeptanz des Anderen<br />
durch die Erfahrung der Akzeptanz seiner selbst. Man lässt dem Anderen<br />
das zukommen, was man selbst erfahren hat.<br />
Diese Bedeutung des intraindividuellen Übergangs für den ethischen Vollzug<br />
in der Intersubjektivität zeigt die ethische Relevanz der bisher dokumentierten<br />
und interpretierten Befunde. Diese Befunde nämlich stellten im<br />
Wesentlichen eine intraindividuelle Herausforderung dar. Es soll nun im<br />
Folgenden versucht werden aufzuzeigen, wie sich das intersubjektive Verhältnis<br />
in der aktuellen Situation darstellt. Die zentrale intersubjektive<br />
Herausforderung, die immanent-komplementär mit den intraindividuellen<br />
Herausforderungen verwoben ist, stellt sich in der Einsicht dar, die Akzeptanz<br />
des Anderen von einer symmetrischen <strong>St</strong>ruktur zu lösen. Diese Relativierung<br />
der Notwendigkeit von Symmetrie lässt sich nach Honneth als das<br />
Andere der Gerechtigkeit bezeichnen.<br />
Die universalistische Idee der Gleichbehandlung, die bisher die Moderne<br />
geprägt hat, erweitert sich in der Folgezeit um den Gedanken der Solidarität.<br />
Dieser Gedanke scheint sich jedoch nicht auf der gleichen universalistischen<br />
101 So bspw. auch Honneth, A. (2000a): Das Andere der Gerechtigkeit: Aufsätze zur<br />
praktischen Philosophie, Frankfurt, S. 182ff. Dieser referiert die unterschiedlichen<br />
Aspekte der Selbstbeziehung. Mit Selbstbeziehung ist „stets das Bewußtsein oder das<br />
Gefühl gemeint, das eine Person von sich selber in Hinblick darauf besitzt, welche<br />
Fähigkeiten und Rechte ihr zukommen“ (Honneth 2000a: 182). Die einzelnen Formen<br />
kommen in den folgenden Begriffen zum Ausdruck: „Selbstvertrauen“ (nach Erikson,<br />
E.H. (1980): Identity and Lifecycle, New York) bezeichnet die „Sicherheit über den<br />
Wert der eigenen Bedürftigkeit“ (Honneth 2000a: 182), „Selbstachtung“ oder<br />
„Selbstrespekt“ (nach Dillon, R.S. [Hrsg.] (1995): Dignity, Character and Self-Respect,<br />
New York/London) eine „Art von Sicherheit über den Wert der eigenen Urteilsbildung“<br />
(Honneth 2000a: 183) und schließlich das „Selbstwertgefühl“ (Tugendhat, E.<br />
(1993): Vorlesungen über Ethik, Frankfurt, S. 57f.), das eine „Art von Sicherheit über<br />
den Wert der eigenen Fähigkeiten“ (Honneth 2000a: 183) vermittelt. Auch Honneth<br />
zeigt die zentrale Rolle der Selbstbeziehung im Kontext von „Anerkennung“ (des<br />
Anderen) auf.<br />
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