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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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zueinander. Die Ökonomie hat im vernünftigen Vollzug nicht nur eine<br />

grundsätzliche Anschlussfähigkeit „erworben“, sondern zudem einen spezifischen<br />

Zugang zum Gesamten. Im „ethischen Vollzug“ wird dieser Zugang<br />

konsequent in eine Setzung überführt, die das Gesamte in einer sozialen<br />

Solidargemeinschaft rekonstruiert und mit normativen Bezügen belegt. Die<br />

Verhältnisbestimmung ist nicht mehr deskriptiver Abgleich, sondern<br />

normative Entscheidung über Prioritäten. Es kristallisiert sich die „ökonomische<br />

Vernunft“ als notwendige, jedoch nicht als hinreichende Bedingung<br />

einer Ethik der Ökonomie heraus. Die hinreichende Bedingung ethischer<br />

Vollzüge erfordert weitere Voraussetzungen auf Ebene des Verwendungs-<br />

zusammenhangs. 7<br />

9.2.3 Vernunft und Subjektorientierung - Vernunft als Vermögen<br />

Die subjektive Perspektive kann als zentrales methodisches Bindeglied zwischen<br />

der hier entwickelten ökonomischen Vernunft und einer Ethik in der<br />

Postmoderne gesehen werden und damit die Relevanz der transversalen<br />

Vernunft für eine aktuell zu entwickelnde bzw. anzugleichende wirtschaftsethische<br />

Position unterstreichen. In den Bestimmungen der transversalen<br />

Vernunft stellt Welsch diese subjektive Perspektive heraus. Die Verbindung<br />

von Vernunft mit dem handelnden Subjekt hat Welsch dazu veranlasst, von<br />

Vernunft als einem Vermögen zu sprechen. 8 Vernunft tritt hiermit aus dem<br />

7 Der Verwendungszusammenhang spricht das moralische Subjekt und seine Fähigkeiten<br />

an. Ähnlich formuliert Kraak (2000: 116) in Bezug auf die Vernunft als Vermögen,<br />

was im Folgenden aufgenommen werden wird: „Wobei wohl klar ist, daß die<br />

Fähigkeit, vernünftig zu denken, eine notwendige Bedingung ist, aber keine zureichende,<br />

denn es muß die Bereitschaft, der Wille, die Kriterien vernünftigen Denkens<br />

auch anzuwenden, hinzukommen.“ Kraak bezieht sich dabei auch auf Salomon,<br />

G./Globerson, T. (1987): Skill May Be not Enough: The Role of Mindfulness in Learning<br />

and Transfer, in: International Journal of Educational Research, Jg. 11, S. 623-637.<br />

8 Kleinmann kritisiert diesbezüglich, dass sich Welsch darüber hinaus zu einer „Personifikation<br />

der Vernunft“ hinreißen lässt, indem er die Vernunft dieses oder jenes tun<br />

lässt. Damit indiziere und suggeriere Welsch „ein Verständnis von Vernunft, das<br />

diese als transindividuelles Agens konzipiert, als eine dynamische Entität, deren Wirkung<br />

durch das Handeln der menschlichen Subjekte hindurchgreift.“ (Kleinmann<br />

2000: 113). Ähnlich äußern sich auch Franzen (2000: 95f.) und Vester, H.-G. (2000):<br />

Kontexte der transversalen Vernunft, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 157-159, hier S. 157f.<br />

Welsch entgegnet hier, dass „Substantialisierungen, Hypostasierungen und Reifikationen“<br />

(Welsch 2000b: 170) fernzuhalten sind und gibt damit den Kritikern recht. In<br />

diesem Sinne wäre es besser von ‚Vernünftigkeit‘ anstatt von ‚Vernunft‘ zu sprechen,<br />

da das Vermögen ‚Vernunft‘ „nicht von der Art eines Bestandes“ ist, „sondern es<br />

bezeichnet ein Vermögen im wörtlichen Sinne, und das heißt: eine Kompetenz, ein<br />

Können.“ (Welsch 1996: 934). Vester kritisiert zudem, dass nicht klar sei, von wessen<br />

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