TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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estimmtes Verständnis von Vernunft wandten, daraus dann aber, das Kind<br />
mit dem Bade ausschüttend, eine Pauschalabsage an Vernunft machten.<br />
Beides ist sachlich unbefriedigend wie logisch falsch. Daher stellte ich mir die<br />
Aufgabe, die Konturen jener Vernünftigkeit herauszuarbeiten, die auch in<br />
solchen Vernunftabsagen wirksam ist. Zugleich sollte es um eine Vernünftigkeit<br />
gehen, die gerade angesichts der Bedingungen, im Blick auf welche diese<br />
Autoren argumentierten, probat sein würde. Diese Bedingungen waren (bei<br />
allen Unterschieden im einzelnen) für die postmodern wie für die rationalitätstheoretisch<br />
orientierten Vernunftkritiker weitgehend die gleichen: es ging<br />
um den Befund einer Vielfalt von Rationalitäten, einer Pluralität von Rationalitätstypen.“<br />
86<br />
Diese Darstellung von Welsch macht deutlich, wo seine Konzeption ansetzt<br />
und wo sie hingeht. Als „Vorwissen“ trägt Welsch folgende Erkenntnisse in<br />
die Diskussion um eine transversale Vernunft. 87<br />
� Jegliche Art von Vernunftkritik muss ihrerseits Anspruch auf Vernünftigkeit<br />
erheben.<br />
� Der Begriff der Vernunft erschöpft sich nicht in der Zweckrationalität von<br />
Systemen (instrumentelle Rationalität).<br />
� Vernunft muss sich begreifen als Handhabung von Pluralität, ohne sie<br />
aufheben zu wollen.<br />
� Atomisierung und Verflechtung sind als logische Sukzession eines durch<br />
die Pluralisierung initiierten Prozesses zu verstehen.<br />
� Die durch die Verflechtung entstehende Unordnung ist durch die Vernunft<br />
nicht zu beseitigen, man hat sich auf sie einzulassen.<br />
� Vernunft hat den Gesamtbereich und das konkrete Verhältnis der Rationalitäten<br />
zueinander zum Thema. Somit stellt eine genaue Analyse der<br />
Realverfassung von Rationalitäten die notwendige Vorbedingung dar, will<br />
man ein adäquates Konzept von Vernunft generieren.<br />
Es wird im Folgenden deutlich werden, dass es in dieser Konzeption vornehmlich<br />
um die strukturelle Verfasstheit von Paradigmen, Rationalität und<br />
Vernunft geht. In dieser <strong>St</strong>rukturanalyse kommen implizit die Verhältnisse<br />
der Gegenstände zueinander zum Ausdruck. Aus Gründen der Übersicht-<br />
86 Welsch, W. (2000b): Unverkürzte Rationalität: mit Vernunft. Über einige Spezifika<br />
vernünftiger Reflexion, in: EuS, Jg. 11, H. 1, S. 167-188, hier S. 168.<br />
87 Vgl. zu diesem „Vorwissen“ Welsch (1996), die Seiten 427-438, in denen er auf die<br />
vorherigen Kapitel seines Buches Bezug nimmt. In diesen stellt er die Vernunftkritiken,<br />
seien sie explizit oder implizit, von 11 Philosophen vor und gewinnt dadurch<br />
eine Art <strong>St</strong>atus Quo aktueller Vernunftkritik. Dieser <strong>St</strong>atus Quo fließt in die Überlegungen<br />
zur transversalen Vernunft mit ein.<br />
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