TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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allem innerhalb der Landesgrenzen - mit Fragen konfrontiert, die über den<br />
genuin ökonomischen Gegenstand hinausgehen.<br />
2.1.2 Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik - interne Herausforderung der<br />
Ökonomie<br />
Wie aufgezeigt, trägt ökonomische Form und Methode zu systemischer Verselbständigung<br />
bei. Intern führt dies zu ökonomischer Effektivität und Effizienz,<br />
in Bezug auf die externen Herausforderungen jedoch bedeutet diese<br />
systemische Schließung Ineffektivität sowie Ineffizienz. Die systemische<br />
Operation der Ökonomie ist ihre <strong>St</strong>ärke und Schwäche zugleich.<br />
<strong>St</strong>ellte die Pluralität die zentrale Bestimmung der System-Umwelt der Ökonomie<br />
dar, so kann die zentrale systeminterne Bestimmung in der operationalen<br />
Geschlossenheit, ihren Eigengesetzlichkeiten und den daraus entstehenden<br />
Eigendynamiken gesehen werden. Die unternehmerische Wirtschaft reagiert<br />
oftmals erst dann auf die Ansprüche der <strong>St</strong>akeholder, wenn diese sich<br />
negativ auf das eigene Unternehmensergebnis auswirken könnten. 68 Diese<br />
ökonomische Relevanz ist eine systemische, eine innere Relevanz. Solange<br />
diese Relevanz nicht erreicht wird, solange werden die Vorgänge beobachtet,<br />
geduldet, akzeptiert oder verdrängt. 69 Handlungsbedarf entsteht erst bei<br />
direkter wirtschaftlicher Betroffenheit, und das bedeutet in diesem Fall die<br />
Ergebnisbeeinflussung. Die Vorfälle, die im Zusammenhang mit Shell (Brent<br />
Spar; Nigeria-Engagement) oder Bayer (Lipobay-Skandal) beispielsweise die<br />
Gefährdung von Umwelt und menschlicher Gesundheit mit sich brachten,<br />
wurden erst dann ökonomisch handlungsrelevant, als dies an die Öffentlichkeit<br />
gelangte; Imageverlust wird zunehmend zum entscheidenden öko-<br />
68 Vgl. zum „Eigensinn“ innerhalb der Organisation bspw. Ringlstetter, M. (1995): Konzernentwicklung.<br />
Rahmenkonzepte zu <strong>St</strong>rategien, <strong>St</strong>rukturen und Systemen, München,<br />
S. 314ff.<br />
69 Ohne dies explizit zu behandeln, nimmt diese Analyse den Luhmannschen Begriff<br />
der Systemrationalität auf. Vgl. hierzu Luhmann, N. (1973): Zweckbegriff und Systemrationalität,<br />
Frankfurt. An anderer <strong>St</strong>elle zeigt Luhmann auf, dass „der Einzelbeitrag,<br />
die Einzelwirkung, die Zwecksetzung (...) für sich alleine keine Rationalität behaupten“<br />
kann; „sie können nur rational sein im Rahmen und nach Maßgabe von Systemreferenzen.“<br />
(Luhmann, N. (1974): Funktionale Methode und Systemtheorie, in: ders.<br />
(1974), Soziologische Aufklärung, Band I: Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme,<br />
Opladen, S. 31-53, hier S. 47). Vgl. auch die Darstellung bei Dorschel, A./Kettner, M.<br />
(1996): Systemrationalität?, in: Apel, K.-O./Kettner, M. (Hrsg.), Die eine Vernunft und<br />
die vielen Rationalitäten, Frankfurt, S. 349-372, und Acham, K. (1984): Über einige<br />
Rationalitätskonzeptionen in den Sozialwissenschaften, in: Schnädelbach, H. (Hrsg.),<br />
Rationalität. Philosophische Beiträge, Frankfurt, S. 32-69.<br />
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