TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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zwar aufwendig erscheint, die damit aber mittel- bis langfristigen verbundenen<br />
positiven Effekte diese Aufwände überkompensieren können.<br />
Betrachtet man beispielsweise die prozessuale Ebene organisatorischer<br />
Transaktionsverflechtungen, so ist bei einer Organisationsentwicklungsmaßnahme<br />
die Unterstützung der Prozesspromotoren von zentraler Relevanz für<br />
den Erfolg dieser Maßnahme. Ein Machtpromoter ohne Prozesspromotoren<br />
ist dagegen nahezu machtlos. 191 Die Machtpromotoren sind oftmals die<br />
Ansprechpartner und Supervisoren des Organisationsentwicklungsprozesses;<br />
sie sind verantwortlich für den Gesamtprozess und die Maßnahme als<br />
solche. Die Prozesspromotoren sind Mitarbeiter auf mittlerer Führungsebene,<br />
die Verantwortung für das operative Geschäft tragen, für die operative<br />
Durchführung. In einer näheren Betrachtung ist aber auch jeder<br />
einzelne, von der Maßnahme betroffene Mitarbeiter ein Prozesspromotor.<br />
Die Bedeutung dieser Unterstützung durch die Betroffenen auch auf den<br />
unteren Hierarchiestufen wird oftmals ökonomisch unterbewertet und<br />
menschlich unterschätzt. Sind diese Prozesspromotoren von der Entwicklungsmaßnahme<br />
nicht überzeugt, so kann es zu stillem Boykott, zu Apathie<br />
bereits zu Beginn des Prozesses kommen. „<strong>St</strong>ill“ ist dieser Widerstand, denn<br />
er wird vom Einzelnen nicht explizit artikuliert. So scheint die Entwicklung<br />
aus der Außenperspektive, in diesem Fall die Perspektive der Machtpromotoren,<br />
voranzuschreiten, fällt jedoch nach Beendigung der durchgeführten<br />
Maßnahme in den Ursprungszustand zurück. Der Boykott wird wegen der<br />
<strong>St</strong>ille häufig nicht wahrgenommen. Der Einzelne gibt Unterstützung vor, um<br />
nicht als destruktiver Akteur in progressiven Entwicklungsprozessen aufzufallen<br />
und dadurch eventuelle Nachteile in den Beförderungsrunden hin-<br />
191 Vgl. zu den Begriffen der Promotoren in Entscheidungsprozessen Kirsch (1994:<br />
234ff.). Kirsch betrachtet die Promotionsaktivitäten eines Entscheidungsprozesses und<br />
unterscheidet zwischen Prozess- und Ergebnispromotion, die sich auf eine Episode beziehen<br />
und einer generellen Promotion, die episodenübergreifend ist. Insbesondere in<br />
komplexen Entscheidungsproblemen (so wie die Organisationsentwicklungsmaßnahme)<br />
schützt eine Prozesspromotion den Prozess vor „Versanden“ und „Diffusion“;<br />
die Ergebnispromotion dient vornehmlich der Durchsetzung der Ergebnisse<br />
gegenüber der „Umwelt“, welches beispielsweise auch Gläubiger sein können. Die in<br />
dieser Argumentation zusätzliche Unterscheidung in Machtpromotoren überträgt dies<br />
auf Prozesse im mikropolitisch-organisatorischen Kontext im Allgemeinen. Gerade in<br />
der Frage der Macht in und über Prozesse sind diejenigen, die den Prozess tatsächlich<br />
durchführen, oftmals nicht diejenigen, die Entscheidungsbefugnis (Prozessverantwortung)<br />
haben und vice versa. Dies führt zu Ineffizienzen und sozialen Konflikten,<br />
die charakteristisch sind für Prozesse in Organisationen. Aufgenommen ist diese<br />
Asymmetrie beispielsweise in der Principal-Agent-Theory.<br />
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