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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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tatsächliche, praktische Beschaffenheit der Lebenswirklichkeit ist durch den<br />

Befund der Verflechtung von System und Lebenswelt geprägt. In der<br />

gleichzeitigen Differenz und Verflechtung von System und Lebenswelt<br />

kommt das den hier rekonstruierten Bezugsrahmen bestimmende Spannungsfeld<br />

zum Ausdruck. Dabei können sich Differenz und Verflechtung auf<br />

ihre Weise legitimieren. Der Differenz, als Produkt des Rationalisierungsprozesses<br />

der Moderne verstanden, liegt die Intentionalität des Fortschrittsgedankens<br />

zugrunde, während die phänomenologische Verflechtung einen<br />

„passierten“ Zustand beschreibt. 165<br />

Das aktuelle Spannungsfeld ergibt sich aus einer spezifischen Form der Differenz<br />

und aus der daraus resultierenden Verzerrung der Verflechtung.<br />

Die spezifische Form der Differenz bedeutet in diesem Zusammenhang das<br />

Überziehen der Differenz hin zu einer Entkoppelung der vormals auch<br />

lebenswirklich komplementären Teile. Diese Abspaltung und Autonomisierung<br />

eliminiert die Differenzierung selbst, da die Grundlage der Vergleichbarkeit<br />

erodiert. Hier ist es das System, welches eigendynamisch und<br />

eigengesetzlich sich seine eigenen Bedingungen schafft, den ihr immanenten<br />

Verweis auf Lebensweltlichkeit abzustreifen sucht.<br />

Die Rationalisierungsprozesse kommen im System in der funktionalen Komplexitätssteigerung<br />

zum Ausdruck. In der Lebenswelt dagegen drückt sich<br />

eine Rationalisierung in der Entwicklung der kommunikativen Fähigkeiten<br />

aus, in der Entfaltung der rationalen Potentiale kommunikativen Handelns.<br />

(Waldenfels 1985: 131), die sich auch von der Habermasschen Position abhebt:<br />

„Habermas sucht also eine Rettung des „Projekts der Moderne“ in einer ausdifferenzierten,<br />

formalisierten, posttraditionalen Vernunft, die „formale Bedingungen eines<br />

vernünftigen Lebens“ bereitstellt, und darüber hinaus den materialen Entwürfen<br />

eines „guten Lebens“ freien Lauf läßt. Die Vernunft zieht sich zurück auf ein Minimalprogramm;<br />

durch diesen Selbstverzicht hält sie sich Positivität, Kontingenz und<br />

Machtkonflikte vom Leibe.“ (Waldenfels 1985: 121). In der Diskussion um die Konzeption<br />

von Welsch und deren Hauptbestimmungen wird deutlich werden, dass<br />

diese Habermassche Vorsicht der Welsch’schen postmodernen Vorsicht zu gleichen<br />

scheint. In der hier entwickelten Diskussion werden die genealogischen Ansätze mit<br />

den „vorsichtigen“ Ansätzen verbunden. Auch wenn der Inhalt einer Vernunft stark<br />

reduziert sein mag, so heißt dies noch lange nicht, dass sich auch deren inhaltliche<br />

Begründung ändert - sie wirkt nur anders auf ihre Methoden und Gegenstände. Vgl.<br />

zu den Bestimmungen bei Welsch Abschn. 7.2.<br />

165 In gewisser Weise ist bereits in diesem Bezug eine qualitative Differenz zwischen den<br />

Befunden zu identifizieren. Reale Lebenswirklichkeit ist immer schon verflochten,<br />

unabhängig von ihren Elementen. Eine Differenz kann sich nur innerhalb dieser Verflochtenheit<br />

entwickeln. Die lebenswirklich wirksame Differenz bedarf der permanenten<br />

systemischen Reproduktion.<br />

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