TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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zug zu menschlichem Leben und ohne Verwurzelung in diesem. Sie könnte<br />
über kurz oder lang leicht durch eine „Vernunft“ der Geräte, die logische<br />
Operationen viel schneller durchführen können als lebende Personen, ersetzt<br />
werden.“ 180<br />
Führt man den Gedanken der Inhaltsleere konsequent weiter, so ließe sich<br />
der freie Raum im Inneren der Vernunft nahezu beliebig besetzen. Doch eine<br />
Beliebigkeit, eine Willkür kann nicht vernünftige Intention sein, sondern<br />
kommt eher dem Mechanismus ökonomischer Rationalität gleich.<br />
So stellt sich allgemein die Frage, ob bzw. wie es möglich ist, ein inhaltlich<br />
überladenes, ein substantialistisches Programm, so wie es die Moderne aus<br />
Sicht der Postmoderne darstellt, in einen Zustand zu überführen, welcher zu<br />
einem differenzierteren Umgang, einem reflektierten Zugang zu den Gegenständen<br />
zurückfindet. Den modernen Inhalten eine postmoderne Inhaltsleere<br />
entgegenzustellen, führt die qualitative Diskrepanz von Form (logische Prinzipien)<br />
und Inhalt vor Augen. Auch wenn sich die Leere als dialektisches<br />
Pendant zu einer Überladung aufdrängt, so würde eine völlige Abkehr von<br />
jeglichem Inhalt bedeuten, dass die Chance vertan wird, den bisherigen<br />
Vernunft-Verzerrungen ein qualitatives Äquivalent entgegenzustellen. Die<br />
angestrengte Dialektik führte sich ad absurdum zugunsten einer neuen rein<br />
substantialistischen Dominanz, die aufgrund mangelnder Alternative entsteht.<br />
181 Die Postmoderne kommt um ein Mindestmaß an Inhalt nicht herum,<br />
will sie nicht denen vollständig das Feld überlassen, die abzulösen sie angetreten<br />
ist. Hug/Perger artikulieren diesen Gedanken wie folgt:<br />
„Deshalb sind wir dagegen, die Vernunft in erster Linie als ein logisches Vermögen<br />
auszuzeichnen. Die Logik ist ein Set von Werkzeugen und wie alle anderen<br />
Werkzeuge kann sie erst dann zum Einsatz kommen, wenn Ideen als<br />
verfolgenswert erscheinen. Mit einem Wort, ihr Platz ist in der zweiten Linie.<br />
180 Pothast (2000: 136).<br />
181 Ist nicht vielmehr die potentielle Disposition aller Inhalte qualitatives Gegenstück zu<br />
dem, was vorher war? Die Moderne ist ja nicht revisionsbedürftig in Bezug auf die<br />
Inhalte an sich; vielmehr sind es die Konsequenzen des rationalen Vollzugs in allen<br />
Zusammenhängen, die Eigendynamik, das Verhältnis der Kräfte, welche Verzerrungen<br />
generierten und sich dadurch kontinuierlich von dem Tatsächlichen entfernten.<br />
Auf diese Weise verfremdete sich die ursprüngliche und nachvollziehbare Intention<br />
der Moderne. Die angemessene Gewichtung der Inhalte, der umsichtige Umgang mit<br />
ihnen und ihre nachhaltige Umsetzung würde demnach ein qualitatives Gegenstück<br />
darstellen; ein Gegenstück, welches nicht programmatisch-kurzweilig auftritt, sondern<br />
die Grundlage eines nachhaltigen Konzepts im Sinne der Lebensdienlichkeit bilden<br />
kann.