30.11.2012 Aufrufe

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

148<br />

zug zu menschlichem Leben und ohne Verwurzelung in diesem. Sie könnte<br />

über kurz oder lang leicht durch eine „Vernunft“ der Geräte, die logische<br />

Operationen viel schneller durchführen können als lebende Personen, ersetzt<br />

werden.“ 180<br />

Führt man den Gedanken der Inhaltsleere konsequent weiter, so ließe sich<br />

der freie Raum im Inneren der Vernunft nahezu beliebig besetzen. Doch eine<br />

Beliebigkeit, eine Willkür kann nicht vernünftige Intention sein, sondern<br />

kommt eher dem Mechanismus ökonomischer Rationalität gleich.<br />

So stellt sich allgemein die Frage, ob bzw. wie es möglich ist, ein inhaltlich<br />

überladenes, ein substantialistisches Programm, so wie es die Moderne aus<br />

Sicht der Postmoderne darstellt, in einen Zustand zu überführen, welcher zu<br />

einem differenzierteren Umgang, einem reflektierten Zugang zu den Gegenständen<br />

zurückfindet. Den modernen Inhalten eine postmoderne Inhaltsleere<br />

entgegenzustellen, führt die qualitative Diskrepanz von Form (logische Prinzipien)<br />

und Inhalt vor Augen. Auch wenn sich die Leere als dialektisches<br />

Pendant zu einer Überladung aufdrängt, so würde eine völlige Abkehr von<br />

jeglichem Inhalt bedeuten, dass die Chance vertan wird, den bisherigen<br />

Vernunft-Verzerrungen ein qualitatives Äquivalent entgegenzustellen. Die<br />

angestrengte Dialektik führte sich ad absurdum zugunsten einer neuen rein<br />

substantialistischen Dominanz, die aufgrund mangelnder Alternative entsteht.<br />

181 Die Postmoderne kommt um ein Mindestmaß an Inhalt nicht herum,<br />

will sie nicht denen vollständig das Feld überlassen, die abzulösen sie angetreten<br />

ist. Hug/Perger artikulieren diesen Gedanken wie folgt:<br />

„Deshalb sind wir dagegen, die Vernunft in erster Linie als ein logisches Vermögen<br />

auszuzeichnen. Die Logik ist ein Set von Werkzeugen und wie alle anderen<br />

Werkzeuge kann sie erst dann zum Einsatz kommen, wenn Ideen als<br />

verfolgenswert erscheinen. Mit einem Wort, ihr Platz ist in der zweiten Linie.<br />

180 Pothast (2000: 136).<br />

181 Ist nicht vielmehr die potentielle Disposition aller Inhalte qualitatives Gegenstück zu<br />

dem, was vorher war? Die Moderne ist ja nicht revisionsbedürftig in Bezug auf die<br />

Inhalte an sich; vielmehr sind es die Konsequenzen des rationalen Vollzugs in allen<br />

Zusammenhängen, die Eigendynamik, das Verhältnis der Kräfte, welche Verzerrungen<br />

generierten und sich dadurch kontinuierlich von dem Tatsächlichen entfernten.<br />

Auf diese Weise verfremdete sich die ursprüngliche und nachvollziehbare Intention<br />

der Moderne. Die angemessene Gewichtung der Inhalte, der umsichtige Umgang mit<br />

ihnen und ihre nachhaltige Umsetzung würde demnach ein qualitatives Gegenstück<br />

darstellen; ein Gegenstück, welches nicht programmatisch-kurzweilig auftritt, sondern<br />

die Grundlage eines nachhaltigen Konzepts im Sinne der Lebensdienlichkeit bilden<br />

kann.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!