Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Krippen in<br />
der DDR<br />
Erwerbs<br />
tätige<br />
Mütter im<br />
Westen<br />
Drucksache 12/7560<br />
verbreiteter gewesen ist. Die Abnahme der<br />
horizontalen und Zunahme der vertikalen Verwandtschaftslinien<br />
ist eine historisch völlig<br />
neue Erscheinung.<br />
Der Geburtenrückgang hat ferner bewirkt, daß<br />
es häufig an einer nachbarschaftlichen Spielgruppe<br />
für die Kinder mangelt. Ihre Stelle haben<br />
häufig organisierte und geplante Kindergruppen<br />
eingenommen, zwischen denen aber große<br />
Unterschiede im Hinblick auf die Institutionalisierungsformen<br />
und ihre Erziehungskonzepte<br />
bestehen. Vor allem bedeutete hierdurch „Kinderalltag"<br />
in der DDR und der (alten) Bundesrepublik<br />
etwas völlig anderes.<br />
In der DDR war eine ausschließliche Familienerziehung<br />
nur in den ersten Lebensmonaten<br />
verbreitet (von über 90 % der Mütter wurde das<br />
„Babyjahr" in Anspruch genommen), dann<br />
begann die Krippenerziehung, die — genauso<br />
wie die mütterliche Erwerbstätigkeit — als<br />
selbstverständlich galt und sehr kostengünstig<br />
war. Der Versorgungsgrad mit Tageskrippen<br />
war am Ende fast flächendeckend, aber doch<br />
regional unterschiedlich. Er schwankte 1989<br />
zwischen 700 und 850 je 1 000 in Frage kommender<br />
Kinder (Winkler 1990, S. 142). Auch<br />
bezüglich der Qualität gab es erhebliche Unterschiede<br />
zwischen den einzelnen Einrichtungen<br />
(vgl. Expertise Zwiener).<br />
Dagegen ist für erwerbstätige Mütter in der<br />
(alten) Bundesrepublik Deutschland die Betreuung<br />
ihrer Kinder immer ein — mehr oder weniger<br />
— „privates" Problem nicht nur gewesen,<br />
sondern auch geblieben, das nunmehr auch<br />
verstärkt auf die jungen Frauen in den neuen<br />
Bundesländern zukommen wird. Verursachend<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
hierfür wirkte die öffentliche Ablehnung der<br />
Erwerbstätigkeit von Müttern, vor allem im<br />
Säuglings- und Kleinkinderalter, und die von<br />
einer Gruppe von Kinderärzten geführte Diskussion<br />
seit den 70er Jahren gegen jede Art von<br />
„Fremdbetreuung" in den ersten Lebensjahren<br />
(vgl. zusammenfassend Sommerkorn 1988).<br />
Inzwischen haben sehr viele Forschungsergebnisse<br />
gezeigt, daß Erwerbstätigkeit der Mutter<br />
per se nichts über Risiken — ebenso nichts über<br />
Chancen — für den Sozialisationsprozeß ihres<br />
Kindes aussagt; gleiches gilt im Hinblick auf<br />
Mütter als Ganztags-Hausfrauen. Viele Bedingungen,<br />
die sich gegenseitig kompensieren<br />
oder auch verstärken können, bestimmen die<br />
kindliche Entwicklung, und nicht ein einzelner<br />
Faktor (vgl. zusammenfassend Lehr 1975).<br />
Selbst die medizinischen Bedenken gegen institutionelle<br />
Betreuungsformen (die im übrigen<br />
nur eine Möglichkeit der „Fremdbetreuung"<br />
darstellen) sind bisher aufgrund methodischer<br />
Mängel (z. B. wegen fehlender Kontrollgruppen,<br />
fehlender Längsschnittuntersuchungen)<br />
wissenschaftlich nicht belegt.<br />
Die Bundesrepublik Deutschland hatte im internationalen<br />
Vergleich (und auch gegenüber der<br />
DDR) immer eine geringe Quote von erwerbstätigen<br />
Müttern — trotz ihres Anstiegs in den<br />
letzten Jahrzehnten.<br />
Im Anschluß an den Erziehungsurlaub treten in<br />
der Bundesrepublik Deutschland zumeist Engpässe<br />
in der Kinderbetreuung auf, denn öffentliche<br />
Einrichtungen, in denen Kinder unter drei<br />
Jahren betreut werden, sind rar, vor allem jene,<br />
deren Öffnungszeiten mit den Erwerbsarbeitszeiten<br />
übereinstimmen. Dennoch ist gerade die<br />
Zahl der erwerbstätigen Frauen mit Kindern<br />
-<br />
Betreuung<br />
von Kleinkindern<br />
Tabelle IV/1<br />
Erwerbsbeteiligung von Müttern mit einem Kind unter zehn Jahren<br />
in den Ländern der EG, 1988<br />
Land<br />
Erwerbstätig<br />
%<br />
Erwerbslos<br />
%<br />
Erwerbsquote<br />
%<br />
Belgien 54 (16) 12 66<br />
Dänemark 79 (32) 8 87<br />
Bundesrepublik Deutschland 38 (21) 6 44<br />
Griechenland 41 ( 5) 6 47<br />
Spanien 28 ( 4) 10 38<br />
Frankreich 56 (16) 10 66<br />
Irland 23 ( 7) 8 31<br />
Italien 42 ( 5) 8 50<br />
Luxemburg 38 (10) 2 40<br />
Niederlande 32 (27) 8 40<br />
Portugal 62 ( 4) 6 68<br />
Vereinigtes Königreich 46 (32) 8 54<br />
EG 44 (17) 8 52<br />
Anteil der Teilzeitbeschäftigten in Klammern<br />
Quelle: Moss 1990, zit. nach Höhn 1993, S. 57