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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />

Die Bundesregierung rechnet damit, daß sich mittelfristig<br />

die Fertilität in den neuen Ländern dem in den<br />

vergangenen beiden Jahrzehnten stabilisierten<br />

Fruchtbarkeitsniveau in den alten Ländern angleichen<br />

wird. Das setzt allerdings eine Weiterentwicklung<br />

familienpolitischer Maßnahmen voraus. Die<br />

Geburtenentwicklung in den neuen Ländern wird<br />

wesentlich von der weiteren Wirtschaftsentwicklung<br />

und der damit verbundenen Angleichung der Lebensverhältnisse<br />

an das Niveau in den alten Ländern<br />

abhängen. Die nachträgliche Realisierung von Kinderwünschen,<br />

die unter den wirtschaftlichen und<br />

sozialen Auswirkungen der Vereinigung bisher<br />

zurückgestellt wurden, dürfte nach Auffassung der<br />

Bundesregierung dazu führen, daß sich das Geburtenniveau<br />

in den neuen Ländern mittelfristig dem in den<br />

alten Ländern anpassen wird.<br />

Die zukünftigen Geburtenzahlen werden nicht so sehr<br />

von einer Veränderung der durchschnittlichen Kinderzahl<br />

in der Familie, sondern eher davon abhängen,<br />

welcher Anteil der jungen Frauen kinderlos bleiben<br />

wird. Der Geburtenrückgang in der Bundesrepublik<br />

Deutschland erklärt sich zu einem nicht unwesentlichen<br />

Teil aus einer gestiegenen Kinderlosigkeit. Der<br />

Kinderlosigkeit eines steigenden Anteils der Bevölkerung<br />

muß deshalb verstärkt Aufmerksamkeit beigemessen<br />

werden.<br />

Aus neueren Erhebungen ist der Bundesregierung<br />

bekannt, daß die meisten jungen Frauen gleichermaßen<br />

in West- wie in Ostdeutschland sowohl Kinder<br />

haben als auch berufstätig sein möchten. Allerdings<br />

ist nur noch ein kleiner Teil dazu bereit, um des<br />

Kinderhabens willen auf Dauer auf Erwerbstätigkeit<br />

zu verzichten; eher verzichten Frauen auf die Verwirklichung<br />

ihres Kinderwunsches. Daher ist es unerläßlich,<br />

die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft<br />

so zu gestalten, daß auch für Frauen die Option<br />

Ausbildung und Beruf" mit der Option „Kind" vereinbar<br />

wird. Ebenso notwendig ist es, die Leistungen der<br />

nichterwerbstätigen Frauen, die Kinder erziehen,<br />

anzuerkennen, die Nachteile, die ihnen dadurch entstehen,<br />

abzubauen und ihnen den Wiedereinstieg in<br />

den Beruf zu erleichtern. Wie der <strong>Familienbericht</strong> zu<br />

Recht ausführt, sind die jungen Frauen heute nicht<br />

mehr bereit, Bedingungen für eine Familiengründung<br />

zu akzeptieren, mit denen sich ihre Mütter noch<br />

abgefunden haben oder abfinden mußten.<br />

Seit 1972 hat sich die Zahl der Einpersonenhaushalte<br />

von Menschen im Alter von 25 bis unter 45 Jahren<br />

mehr als verdoppelt, aber mehr als die Hälfte dieser<br />

Personen ist oder war bereits einmal verheiratet. Die<br />

ledigen Alleinlebenden finden sich vor allem in den<br />

jüngeren Altersgruppen und sind junge Menschen,<br />

die aus dem elterlichen Haushalt ausgezogen sind<br />

und einen eigenen Hausstand gegründet haben. Über<br />

alle Altersgruppen gesehen sind zwei Drittel der<br />

Alleinlebenden über 45 Jahre alt, und die Mehrzahl<br />

von ihnen ist verwitwet oder geschieden. Alleinleben<br />

ist also weniger Ausdruck von Individualisierung,<br />

sondern eher auf den Wohlstand zurückzuführen, der<br />

es jungen Menschen erlaubt, schon während ihrer<br />

Ausbildung einen eigenen Hausstand zu gründen,<br />

und auch verwitweten und geschiedenen älteren<br />

Frauen gestattet, für sich allein zu leben und nicht in<br />

einer anderen Familie Zuflucht suchen zu müssen, wie<br />

es früher vielfach der Fall war. Auch die Alleinlebenden<br />

sind, wie neuere Untersuchungen zeigen, in<br />

vielfältige Netze eingebunden, die um so dichter und<br />

intensiver sind, je mehr Familienmitglieder vorhanden<br />

sind. Sind keine Verwandten vorhanden, so treten<br />

nichtverwandte Personen an ihre Stelle, so daß zwar<br />

eine Ausdünnung, aber kein Verlust an Netzwerkbeziehungen<br />

zu erwarten ist. Allerdings könnte eine<br />

weitere Zunahme der Hochbetagten und kinderloser<br />

älterer Menschen zu einer Veränderung dieser relativ<br />

günstigen Befunde führen.<br />

Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften<br />

hat sich im bisherigen Bundesgebiet seit 1972 mehr als<br />

verachtfacht. Ihr Anteil an den über 20jährigen<br />

beträgt in den alten Ländern 4,3 %, in den neuen<br />

Ländern 5,6 %. Am stärksten sind nichteheliche<br />

Lebensgemeinschaften in der Altersgruppe der 20- bis<br />

unter 35-jährigen mit 8,1 % bzw. 11,1 % vertreten. In<br />

den alten Ländern sind bei rund 60 % der nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaften beide Partner ledig und<br />

zu 81 % kinderlos; in vielen Fällen dürfte es sich um<br />

voreheliche Partnerschaften handeln, die an Stelle des<br />

Verlöbnisses getreten sind. Junge Menschen leben<br />

häufig vor ihrer Eheschließung in einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft zusammen und heiraten<br />

erst, wenn sie ihren „Platz im Leben" gefunden und<br />

mit dieser „Sicherheit im Rücken" Kinder haben<br />

wollen. In den neuen Ländern sind demgegenüber<br />

nur bei 49 % der nichtehelichen Lebensgemeinschaften<br />

beide Partner ledig, und bei 55 % der nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaften leben Kinder.<br />

Viele Mütter mit Kindern, die in einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft leben, werden in der amtlichen<br />

Statistik gleichzeitig als Alleinerziehende gezählt, so<br />

daß zwischen beiden Lebensformen nicht klar unterschieden<br />

werden kann. Alleinerziehende und ihre<br />

Kinder sind keine gesellschaftliche Ausnahmeerscheinung.<br />

Wie der Bericht zu Recht darlegt, ist ihre<br />

Zahl in den letzten 10 Jahren stetig angestiegen.<br />

Sechs von sieben Alleinerziehenden sind Frauen.<br />

I-läufig bedeutet das Alleinerziehen eine Lebensform<br />

im Übergang . Unter den Eltern, die noch keine 25<br />

Jahre alt sind, sind Alleinerziehende besonders stark<br />

vertreten. Bei den 25- bis 45jährigen stellen sie<br />

dagegen nur eine Minderheit dar. Kinder, die bei<br />

Alleinerziehenden leben, verbringen nur einen relativ<br />

kurzen Zeitraum ihres Lebens mit einem alleinerziehenden<br />

Elternteil , weil viele Alleinerziehende (wieder)<br />

eine Ehe eingehen. Wie der Familiensurvey<br />

belegt, wachsen jeweils nur 1 % der Kinder dauerhaft<br />

allein bei einem Elternteil auf.<br />

Für die Zukunft ist nicht auszuschließen, daß mit dem<br />

Anstieg der Scheidungen die Zahl der Alleinerziehenden<br />

weiter zunimmt.<br />

2.2 Auswirkungen der Strukturveränderungen<br />

auf die Familie<br />

Noch immer entscheidet sich in den alten Ländern die<br />

Mehrheit der Bevölkerung für ein Zusammenleben<br />

mit Kindern in einer vollständigen, auf Ehe beruhenden<br />

Familie. Die Geburtenzahlen haben sich bereits

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