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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />

Tabelle X/2<br />

Entwicklung des Reinalkoholkonsums<br />

pro Kopf: Bundesrepublik<br />

und Deutsche Demokratische Republik<br />

Bundesrepublik<br />

Reinalkohol in Litern<br />

DDR<br />

1950 3,1 —<br />

1960 7,3 4,4<br />

1970 10,8 6,1<br />

1980 12,5 10,1<br />

1988 11,8 11,0<br />

1990 11,8 ca. 13,0<br />

Quelle: Jahrbuch Sucht 1992, S. 5 -9<br />

der DDR ein reduzierter Anstieg beobachten<br />

läßt. Die Vereinigung hat erneut zu einem<br />

starken Anstieg des Alkoholkonsums in den<br />

neuen Bundesländern geführt, welche nunmehr<br />

die alten Bundesländer überflügelt haben. Dies<br />

ist angesichts sowohl der erweiterten Konsummöglichkeiten<br />

als auch der besonderen Belastungen<br />

der Transformation keineswegs überraschend,<br />

doch läßt sich daraus nicht auf eine<br />

Beschleunigung des Trends schließen.<br />

In der alten Bundesrepublik wurden im Jahre<br />

1990 37,38 Mrd. DM für alkoholische Getränke<br />

ausgegeben, das entspricht 591 DM pro Einwohner.<br />

Epidemiologische Angaben über die<br />

Verbreitung von Alkoholismus fehlen hier weitgehend.<br />

Einer Studie im Auftrag des Düsseldorfer<br />

Gesundheitsministerium ist zu entnehmen,<br />

daß in Nordrhein-Westfalen rd. 46 000 Kinder<br />

und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren,<br />

d. h. gut 4 % ihrer Altersklasse, als akut alkoholgefährdet<br />

gelten müssen 12). Nach Schätzungen<br />

des Bayerischen Sozial- und Gesundheitsministeriums<br />

soll jeder 20. Arbeitnehmer in den<br />

alten Bundesländern alkoholabhängig, jeder<br />

zehnte akut alkoholgefährdet sein. Die Zahl<br />

der behandlungsbedürftigen Alkoholabhängigen<br />

in den fünf neuen Bundesländern wird auf<br />

über 500 000 geschätzt 13). Alkoholismus ist die<br />

mit Abstand am weitesten verbreitete Sucht in<br />

Deutschland.<br />

Was die Wirkungen des Alkoholkonsums betrifft,<br />

so wird die Sterbewahrscheinlichkeit alkoholkranker<br />

Menschen auf etwa das Dreifache<br />

der durchschnittlichen Sterbewahrscheinlichkeiten<br />

geschätzt. „Alkoholabhängige sterben<br />

etwa neunmal so häufig an Leberzirrhose,<br />

zwölfmal so häufig an Krebserkrankungen des<br />

Magens und der oberen Verdauungswege und<br />

dreimal so häufig an den Folgen von Unfällen.<br />

12) Jahrbuch Sucht, S. 14.<br />

13) Ebda., S.6; Pressemitteilung vom 24. Juni 1993.<br />

14 % aller Alkoholabhängigen begehen Suizid,<br />

etwa 24 % unternehmen einen Suizidversuch.<br />

Insgesamt werden jährlich etwa 30 000 bis<br />

40 000 Todesfälle auf Alkoholismus zurückge-<br />

-<br />

führt" 14)<br />

Daten zum illegalen Drogenkonsum sind naturgemäß<br />

unzuverlässig. Die meisten statistischen<br />

Informationen stammen aus der Kriminalstatistik.<br />

Die Rauschgift-Jahresberichte des Bundeskriminalamtes<br />

lassen einen fast kontinuierlichen<br />

Anstieg der erfaßten Drogendelikte erkennen,<br />

welche von 30 000 im .Jahre 1975 auf<br />

erstmals über 100 000 im Jahre 1990 angestiegen<br />

sind. Nachdem die Zahl der erfaßten<br />

Erstkonsumenten in den frühen 80er Jahren<br />

rückläufig war, hat sich seit 1985 (3 246 registrierte<br />

Erstverbraucher) bis 1990 (10 784 registrierte<br />

Erstverbraucher) die Zahl mehr als verdreifacht.<br />

62,5 % der 1990 registrierten Erstkonsumenten<br />

nahmen Heroin, an zweiter Stelle<br />

steht mit 20 % Kokain. In den letzten Jahren<br />

scheint auch das Drogenangebot in der Bundesrepublik<br />

stark zugenommen zu haben, wie nicht<br />

zuletzt der deutliche Anstieg der sichergestellten<br />

Rauschgiftmengen zeigt. Auch die Zahl der<br />

Rauschgifttoten, welche in den frühen 80er<br />

Jahren stagnierte, ist seit 1986 (348) bis 1990<br />

(1 491) stark gestiegen.<br />

Die bisherigen Daten beziehen sich im wesentlichen<br />

auf den Gebrauch sog. ,harter Drogen',<br />

während der Gebrauch von Cannabis-Produkten<br />

polizeilich nicht erfaßt wird. Mitte der 80er<br />

Jahre wurde die Zahl der regelmäßigen Konsumenten<br />

harter Drogen auf etwa 60 000, also rd.<br />

1 der Gesamtbevölkerung geschätzt (Hurrelmann/Vogt<br />

1985, S. 31). Der seitherige erneute<br />

Anstieg der Zahl der Erstkonsumenten läßt für<br />

heute einen höheren Bestand von ca. 100 000<br />

(Dembach 1990, S. 100) vermuten; dennoch<br />

bleibt im Vergleich zu den übrigen Süchten der<br />

Anteil der von harten Drogen Abhängigen an<br />

der Bevölkerung vergleichsweise gering.<br />

Wesentlich verbreiteter ist nach wie vor der<br />

Konsum von Cannabis-Produkten (Marihuana,<br />

Haschisch), welche für sich allein genommen<br />

jedoch nur selten zu dauerhaften Abhängigkeiten<br />

führen; hier ist der Anteil der ,Selbstheiler'<br />

groß. Der Höhepunkt des Cannabis-Konsums<br />

lag zwischen 1968 und 1971, als deren Konsum<br />

von jugendlichen Subkulturen als Mittel neuer<br />

Wirklichkeitserfahrung propagiert wurde. Der<br />

Konsum ging dann bis Mitte der 70er Jahre um<br />

etwa die Hälfte zurück und stagniert seither auf<br />

diesem Niveau (Reuban 1988; 1989). Regionale<br />

Stichproben lassen vermuten, daß 10-20 % der<br />

Jugendlichen in den alten Bundesländern<br />

Rauschmittelerfahrung besitzen. In der DDR<br />

war es wesentlich schwieriger, an illegale Drogen<br />

zu gelangen, da die Anbieter geringe<br />

Gewinnchancen sahen und die höhere allge-<br />

14) Projektgruppe ,Prioritäre Gesundheitsziele' beim<br />

Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung (Hg.):<br />

Dringliche Gesundheitsprobleme der Bevölkerung.<br />

. Zit. nach Jahrbuch Sucht, S. 16.<br />

Illegale<br />

Drogen<br />

Rausch<br />

mittel<br />

erfahrun<br />

gen bei<br />

Jugendlichen

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