Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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der Eltern<br />
und Kinder<br />
Drucksache 12/7560<br />
4.3 Schulorganisation und Schulstandorte<br />
Der berufliche Bildungsweg weist infolge der<br />
verschiedenen eigenständigen Formen bei den<br />
beruflichen Schulen und bei mehr als 300 Ausbildungsberufen<br />
eine Vielzahl von Besonderheiten<br />
auf. Dazu tritt die Vielfalt der schulischen<br />
Bildungswege, die wiederholt punktuelle Entscheidungen<br />
verlangen. Sie sollte dort ihre<br />
Grenze haben, wo die Gefahr besteht, daß<br />
Eltern und Schüler das Bildungssystem und<br />
seine Bildungsangebote nicht mehr durchschauen<br />
können. Es wachsen sonst bei der<br />
deutschen Bevölkerung, insbesondere aber bei<br />
den Ausländern, der Beratungsbedarf und neue<br />
Bildungsbarrieren.<br />
Zu den wichtigen Merkmalen des Schulangebots<br />
gehört die Mehrgliedrigkeit der Schulen<br />
des Sekundarbereichs I. Vor allem bei stark<br />
schrumpfenden Jahrgangsstärken ist die familienorientierte<br />
Wohnungsnähe der Standardschulen<br />
um so schwerer durchzusetzen und zu<br />
erhalten, je stärker das Schulsystem gegliedert<br />
ist. Ein anderer schwerwiegender Gesichtspunkt<br />
ergibt sich aus den Schwierigkeiten, die<br />
sich für die Sozialisation eines geringen Anteils<br />
der Schülerjahrgänge einstellen, wenn sie auf<br />
einen eigenen Schultyp verwiesen werden, dem<br />
außerdem mit negativen Vorurteilen gegen-<br />
-<br />
übergetreten wird. Die unübersehbare Bevorzugung<br />
der mittleren Abschlüsse, die in den<br />
westlichen Bundesländern unterschiedlich weit<br />
fortgeschritten ist, stellt die Hauptschule als<br />
völlig eigenständige Regelschule in Frage. Die<br />
vollzogenen Veränderungen der Bildungsentscheidungen<br />
der Familien geben Anlaß, die<br />
regionale Schulstruktur zu überprüfen und<br />
nicht prinzipiell an einmal geschaffenen und zur<br />
Entstehungszeit sinnvollen Schulformen unabhängig<br />
vom Wandel krampfhaft festzuhalten.<br />
Besonders in den neuen Bundesländern, die bei<br />
der Neugestaltung des Schulwesens an den<br />
bereits in der DDR vollzogenen Wandel der Bildungsbeteiligung<br />
zu sehr hohen Anteilen mittlerer<br />
Abschlüsse anzusetzen haben, bietet sich<br />
das Nebeneinander eines zweigliedrigen weiterführenden<br />
Schulsystems einerseits und integrierten<br />
Schulformen andererseits an.<br />
Mit dem Modell der Regelschule wird zum<br />
Beispiel in Thüringen ein zeitgemäßer Weg<br />
beschritten. Er ermöglicht nach der 9. Klassenstufe<br />
den Hauptschulabschluß (Berufsreife) und<br />
nach der 10. Klassenstufe den Realschulabschluß<br />
(Mittlere Reife) mit Möglichkeiten des<br />
Übergangs in das Gymnasium (Allgemeine<br />
Hochschulreife) oder in die Fachoberschule, an<br />
der die Fachhochschulreife erworben werden<br />
kann. Auch die verschiedenen Zweige der<br />
berufsbildenden Schulen sind durch hohe horizontale<br />
und vertikale Durchlässigkeit aufeinander<br />
bezogen. Die Bildungsentscheidungen der<br />
Eltern und Kinder sind bei einer derartigen<br />
Schulstruktur nicht mehr mit einem hohen<br />
Risiko belastet wie bei stark gegeneinander<br />
abgeschotteten Schularten.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
In manchen westlichen Regionen deutet sich<br />
ebenfalls eine auffällige Ausbreitung der<br />
Durchlässigkeit und der Zusammenarbeit der<br />
Schulen, insbesondere der Haupt- und<br />
Realschulen sowie der Realschulen und Gymnasien<br />
an. Schon zwei Drittel der niedersächsischen<br />
Hauptschulen bieten entweder selbst<br />
(10. Klasse) oder im Verbund mit einer Realschule<br />
alle mittleren Abschlüsse an.<br />
Seit den 60er Jahren wurde die Schuistandortstruktur<br />
der westlichen Bundesländer einer<br />
außerordentlich tiefgreifenden Veränderung<br />
unterworfen (vgl. Abb. IX/31).<br />
Grundschulen und Hauptschulen wurden in<br />
erheblichem Umfang konzentriert; ihre Einzugsbereiche<br />
vergrößerten sich deutlich. Leidtragende<br />
sind die Familien, vor allem die Kinder.<br />
Ihre Schulwegbedingungen werden<br />
schlechter weil zeitraubender, anstrengender,<br />
gefährlicher. Dagegen wurden die Schulen der<br />
höheren Bildungswege — Realschulen und<br />
Gymnasien — und die Sonderschulen stark<br />
dezentralisiert; ihre Einzugsbereiche verkleinerten<br />
sich. Die Verbesserung der Erreichbarkeit<br />
bei Realschulen und Gymnasien gehört in<br />
Verbindung mit der Verringerung der Hauptschulstandorte<br />
zu den bedeutenden Rahmenbedingungen<br />
der Umschichtung der Bildungsbeteiligung<br />
mit der Folge der Bildungsexpansion.<br />
Leitgedanke dieser neuen Struktur war die<br />
Abbildung IX/31<br />
Durchschnittliche Einzugsbereiche<br />
der Schulen, nach Schulart, in qkm,<br />
1960 bis 1991, westliche Bundesländer<br />
und Niedersachsen<br />
1) Niedersachsen: Sonderschulen für Lernbehinderte<br />
Quelle: StBA; BMBW; Berechnungen und Darstellung<br />
IES<br />
Woh<br />
nungs<br />
nahe<br />
Schulstandorte