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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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Drucksache 12/7560<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />

VIII. Stützungsnetze für Familien<br />

Gesell<br />

schaftliche<br />

Leistun<br />

gen der<br />

Familien<br />

Die Produktion und Reproduktion von Humanvermögen<br />

wird von den Familien während eines<br />

ganzen familialen Lebenszyklus geleistet, mit<br />

sich im Phasenablauf verändernden Aufgabenstellungen.<br />

Die Anforderungen sind besonders<br />

hoch, wenn sich Familien um Angehörige kümmern,<br />

die ihr Leben noch nicht oder (zeitweilig)<br />

nicht mehr allein führen können. Das gilt zum<br />

einen für die Phase, in der die Kinder heranwachsen<br />

und die Eltern die Verantwortung für<br />

deren Versorgung, Pflege, Erziehung und Ausbildung<br />

übernehmen. Zum anderen sind das<br />

diejenigen Zeiten, in denen sich Familien um<br />

kranke Angehörige kümmern und um Angehörige,<br />

die im höheren Alter pflegebedürftig werden.<br />

Darüber hinaus liegt ein besonders wichtiger<br />

gesellschaftlicher Beitrag von Familien in<br />

der Sorge um die tägliche Wiederherstellung<br />

von Gesundheit, Leistungsbereitschaft und<br />

Wohlbefinden aller Familienmitglieder durch<br />

die Schaffung entsprechender Lebensräume. In<br />

diesem Zusammenhang sehen Familien sich<br />

auch mit typischen Begleiterscheinungen des<br />

gesellschaftlichen Wandels konfrontiert, deren<br />

Bearbeitung oder Bewältigung besondere Belastungen<br />

bedeuten oder Kompetenzen erfordern.<br />

Das sind z. B. neue und drängende Fragen<br />

zur Gesundheitsvorsorge, zu Erziehung und<br />

Bildung, zur Gestaltung von Partnerschaft, aber<br />

auch zu Umweltproblemen oder Problemen von<br />

Erwerbslosigkeit. Solche Fragen gewinnen<br />

noch an Schärfe angesichts der Probleme der<br />

Vereinigung der beiden deutschen Staaten.<br />

An den beiden Aufgabenbereichen der Betreuung<br />

von Kindern und der Betreuung von pflegebedürftig<br />

gewordenen alten Angehörigen wird<br />

im folgenden zunächst exemplarisch dargestellt,<br />

in welchem Verhältnis die Leistungen und<br />

Anforderungen der Familien zu den öffentlichen<br />

Unterstützungen in diesen Bereichen stehen.<br />

Bei diesen Aufgaben sind Familien besonders<br />

gefordert und deshalb auch auf Unterstützung<br />

von außen angewiesen. Mit dieser Darstellung<br />

ist eine Skizzierung aktueller Entwicklungen<br />

verbunden, die eine Umverteilung der bisher<br />

sehr weitgehend von Familien getragenen<br />

Aufgaben und Belastungen unumgänglich machen.<br />

Anschließend wird ausgeführt, daß dazu<br />

neben einem Ausbau institutionalisierter staatlicher<br />

Leistungen aus verschiedenen Gründen<br />

auch die Förderung einer breiten Bürgerbeteiligung<br />

an sozialen Dienstleistungen gehört, wie<br />

sie z. B. in Selbsthilfeinitiativen erprobt und<br />

realisiert werden.<br />

1. Familienergänzende Kinderbetreuung<br />

Für die familienergänzende Betreuung von Kin<br />

-dern stehen traditionellerweise drei Arten von<br />

Einrichtungen zur Verfügung: die Krippe für<br />

Kinder bis zu drei Jahren, der Kindergarten für<br />

Drei- bis Sechsjährige und der Hort, in dem<br />

Kinder nach dem Schulunterricht betreut werden.<br />

Wie die Tabellen auf Seite 190 zeigen, gibt<br />

es beim Angebot an Betreuungsplätzen in diesen<br />

drei Einrichtungen sehr große Unterschiede.<br />

Am augenfälligsten ist der Unterschied<br />

zwischen den alten und den neuen Bundesländern.<br />

In der DDR war in allen drei Einrichtungen<br />

eine weitgehend flächendeckende Versorgung<br />

mit Betreuungsplätzen gewährleistet (vgl. Ex-<br />

-<br />

pertise Zwiener; Nave-Herz 1990). Mit Bezug<br />

auf Kinder ab dem zweiten Lebensjahr war die<br />

Inanspruchnahme staatlicher Kinderbetreuung<br />

eine Selbstverständlichkeit. Abgesehen von<br />

den Bemühungen des Staates, dadurch Einfluß<br />

auf eine Erziehung im Sinne des sozialistischen<br />

Menschenbildes zu nehmen, war dieses Angebot<br />

für die Mütter auch eine wichtige Voraussetzung,<br />

um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,<br />

die von ihnen sehr geschätzt wurde. Allerdings<br />

kann man aufgrund der Ergebnisse des<br />

DJI-Survey Ost davon ausgehen, daß viele<br />

Frauen in den neuen Bundesländern, für deren<br />

Lebensentwurf eine Erwerbstätigkeit von zentraler<br />

Bedeutung ist, eine vorübergehend reduzierte<br />

Erwerbsarbeitszeit während der Phase<br />

des Vorschulalters der Kinder begrüßen würden<br />

(vgl. Dannenbeck 1992; Keiser 1992). Wie eine<br />

Untersuchung der Arbeitsgruppe Familienpolitik<br />

am Deutschen Jugendinsitut erbrachte, ist<br />

bei den ostdeutschen Frauen allerdings mit<br />

einer Umorientierung auf das in den alten<br />

Bundesländern verbreitete Phasen- oder Hausfrauenmodell<br />

in absehbarer Zeit nicht zu rechnen<br />

(Arbeitsgruppe Familienpolitik 1993).<br />

Im Gegensatz zu der breiten staatlichen Förderung<br />

außerfamilialer Betreuung in der DDR galt<br />

und gilt die Erziehung und Betreuung von<br />

Kindern in der Bundesrepublik in erster Linie als<br />

Aufgabe der Familie, in die der Staat sich<br />

möglichst nicht aktiv einmischen sollte. Zudem<br />

gab es in der alten Bundesrepublik im Bereich<br />

der Kleinkinderbetreuung in den achtziger Jahren<br />

eine heftige Kontroverse. V. a. Kinderärzte<br />

vertraten die These, daß während der ersten<br />

drei Lebensjahre nur die möglichst ausschließliche<br />

Pflege des Kindes durch die Mutter eine<br />

psychisch gesunde Entwicklung des Kindes<br />

garantiere. Entgegen dieser These zeigt eine<br />

Vielzahl inzwischen vorliegender Untersuchungen,<br />

daß eine institutionelle Betreuung bei<br />

Die Situation<br />

in der<br />

DDR<br />

Die Situation<br />

in<br />

den alten<br />

Bundesländern

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