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Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />

Entschei<br />

dungen<br />

des Bun<br />

desverfas<br />

sungs<br />

gerichts<br />

Rechtslage als Belastung der Familie wahrgenommen.<br />

Das rührt von der Funktionszuweisung<br />

an die Familie, von der neuen Begründung<br />

von Abhängigkeit und daraus resultierenden<br />

Verpflichtungen her. Das ergibt sich auch aus<br />

den Erfahrungen bei der Anwendung des neuen<br />

Rechts. Die Belastung wird in den bestehenden<br />

Familien deutlich empfunden und sie beeinflußt<br />

stark die sich zu Ungunsten von Elternschaft,<br />

Ehe und Familie verändernden Auffassungen<br />

und Wertungen vor allem bei den Jüngeren.<br />

Verstärkend wirkt in diese Richtung Enttäuschung<br />

über die zu wenig familienfördernde<br />

und -schützende Rolle des neuen Rechts und<br />

über den ausbleibenden Gewinn an Freiheit<br />

und Selbstbestimmung, worauf die Erwartungen<br />

im deutschen Einigungsprozeß besonders<br />

gerichtet waren.<br />

4. Zur weiteren Entwicklung<br />

des Familienrechts<br />

4.1 Die wesentlichen Anstöße<br />

für die Rechtsentwicklung<br />

Die Notwendigkeit der Reform des Familienrechts<br />

ist offenbar in der Politik wie in Rechtskreisen<br />

unbest ritten. Das darf freilich nur vom<br />

Grundsatz her, nicht jedoch bezogen auf den<br />

Umfang, die Bereiche oder gar die konkrete<br />

neue Lösung angenommen werden. Sicher<br />

unterliegen auch die einzelnen Anstöße für die<br />

Rechtsentwicklung einer unterschiedlichen<br />

Wertung.<br />

Sehr deutliche, direkte Anstöße, verbunden mit<br />

z. T. detaillierten Vorgaben für die Entwicklung<br />

des Familienrechts ergeben sich aus Entscheidungen<br />

des Bundesverfassungsgerichts, in denen<br />

geltende Regelungen als im Widerspruch<br />

zu Bestimmungen des Grundgesetzes stehend<br />

gekennzeichnet werden.<br />

Bereits 1982 hat das Bundesverfassungsgericht<br />

(Urteil vom 3. November 1982, FamRZ 1982,<br />

S. 1179) die obligatorische Beendigung des Sorgerechts<br />

eines Elternteils aufgrund der Scheidung<br />

für verfassungswidrig erklärt und die<br />

Möglichkeit des Fortbestandes des gemeinsamen<br />

Sorgerechts auch nach Scheidung begründet.<br />

Hier bedarf es der näheren rechtlichen<br />

Ausgestaltung.<br />

1991 (Beschluß vom 7. Mai 1991, FamRZ 1991,<br />

S. 913) wurde grundsätzlich durch das Bundesverfassungsgericht<br />

auch die Möglichkeit eines<br />

gemeinsamen Sorgerechts unverheirateter Eltern<br />

eröffnet. Das geschah in Auseinandersetzung<br />

mit den zwingenden Rechtsfolgen einer<br />

Ehelicherklärung. Sie begründet nach der Konzeption<br />

des BGB das alleinige Sorgerecht des<br />

Vaters und beendet das der Mutter. Doch das<br />

verstößt nach Meinung des Gerichts gegen<br />

„Artikel 6 Abs. 2 GG, wenn die Eltern mit dem<br />

Kind zusammenleben, beide bereit und in der<br />

Lage sind, die elterliche Sorge gemeinsam zu<br />

übernehmen, und dies dem Kindeswohl entspricht".<br />

Entsprechende Vorgänge werden bis<br />

zur Neuregelung nicht bearbeitet.<br />

Die unterschiedliche gerichtliche Zuständigkeit<br />

für Unterhaltsverfahren ehelicher und nichtehelicher<br />

Kinder bezeichnete das Bundesverfassungsgericht<br />

1991 (Beschluß vom 5. November<br />

1991, FamRZ 1992, S. 157) als nicht verfassungskonform<br />

und als Nachteil für die Kinder.<br />

Die Regelung für verfassungswidrig zu erklären,<br />

unterblieb mit Hinweis auf zeitliche und<br />

finanzielle Probleme, die bei der Einbeziehung<br />

der nichtehelichen Kinder in die Zuständigkeit<br />

der Familiengerichte zu berücksichtigen seien.<br />

Zur gleichen Zeit wurde die Regelung in den<br />

neuen Bundesländern neu installiert, was ebenfalls<br />

mit erheblichen zeitlichen und finanziellen<br />

Problemen verbunden war und ist.<br />

Im März 1991 (Beschluß des BVerfG vom<br />

5. März 1991, NJW 1991, S. 1602) wurde das<br />

Ehenamensrecht (mit grundsätzlicher Bedeutung<br />

für den Namen der Kinder) durch das<br />

Bundesverfassungsgericht in Bewegung gebracht.<br />

Es hatte die Bestimmung des BGB für<br />

verfassungswidrig erklärt, nach der automatisch<br />

der Name des Mannes zum Ehenamen<br />

wird, wenn die Ehegatten bei Eheschließung<br />

zum Namen keine Erklärung abgeben.<br />

Nachdem das Bundesverfassungsgericht sich<br />

1972 (Beschluß vom 20. Januar 1972, NJW 1972,<br />

S. 571) für unzuständig erklärt hatte, über die<br />

Vereinbarkeit von § 1300 BGB (der Schadenersatzregelung<br />

zugunsten der Frau für die<br />

Gestattung der „Beiwohnung" während eines<br />

später aufgelösten Verlöbnisses) mit dem<br />

Grundgesetz zu entscheiden, ist es nun im<br />

Februar 1993 (Beschluß vom 5. Februar 1993,<br />

FamRZ 1993, S. 662) der Entscheidung eines<br />

Amtsgerichts beigetreten, das die Regelung für<br />

verfassungswidrig erklärt hatte.<br />

Diese Anstöße zur Rechtsentwicklung sind<br />

durch den Einigungsprozeß verstärkt, da die<br />

nichtverfassungskonformen Regelungen auf<br />

die neuen Bundesländer übergeleitet wurden<br />

und eine solche ablösten, die mit dem Grundgesetz<br />

konform waren. Zum Beispiel befand sich<br />

das Ehenamensrecht mit Artikel 3 des GG in<br />

Übereinstimmung, weil es einen Vorrang des<br />

Namens des Mannes nicht kannte; für alle<br />

Kinder gab es die gleiche gerichtliche Zuständigkeit<br />

in Unterhaltsstreitigkeiten, der § 1300<br />

BGB galt in der DDR seit einer Entscheidung des<br />

LG Cottbus von 1950 als unvereinbar mit dem<br />

Gleichberechtigungsgrundsatz.<br />

Mit der Entscheidung des BVerfG (Beschluß<br />

vom 18. Januar 1988, NJW 1988, S. 3010), in der<br />

die Pflicht der Mutter begründet wurde, dem<br />

nichtehelichen Kind den Namen seines Vaters<br />

mitzuteilen und mit der Entscheidung, die den<br />

Zusammenhang zwischen dem Recht des volljährigen<br />

Kindes, seine Ehelichkeit anzufechten,<br />

und der Stabilität der elterlichen Ehe be traf<br />

(Urteil vom 31. Januar 1989, NJW 1989 S. 891),<br />

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