Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Berufstä<br />
tigkeit der<br />
Frauen<br />
bis 1961 hat die DDR durch Abwanderung über<br />
zwei Millionen Menschen verloren.<br />
Bereits 1949 (Verfassung der DDR, Artikel 18)<br />
wurde in der DDR aufgrund des kommunistischen<br />
Leitbilds einer proletarischen Familie und<br />
der Integration der Frauen in das Produktionssystem<br />
die gesetzliche Grundlage für einen<br />
erweiterten Mutterschutz, für Kinderbetreuung<br />
und die berufliche Förderung von Frauen<br />
geschaffen. Es wurden Planvorgaben für den<br />
Gesundheitsschutz, Fristen für die Bereitstellung<br />
von Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen<br />
und Richtlinien für die „Förderung der<br />
Frauen in der Produktion" beschlossen.<br />
keiten und Familienformen herausbilden würden,<br />
Frauen und Kinder jedoch auf dem Weg<br />
dorthin eines besonderen Schutzes bedurften.<br />
Erst 1972 im Zusammenhang mit dem Gesetz<br />
über die Unterbrechung der Schwangerschaft<br />
sowie dem starken Geburtenrückgang in der<br />
DDR setzte eine an bevölkerungspolitischen<br />
Zielsetzungen orientierte stringente Förderungspolitik<br />
für die Familie ein. 1970 hatten<br />
rund 70 % aller Kinder Kindergartenplätze und<br />
30 % Krippenplätze. Allerdings war in den 60er<br />
Jahren noch die Teilzeitarbeit in der DDR —<br />
wenn auch nach Branchen unterschiedlich —<br />
für Mütter weit verbreitet.<br />
Mauerbau<br />
und neue<br />
Wirt<br />
schafts<br />
politik<br />
Gleichbe<br />
rechti<br />
gung der<br />
Frau<br />
Die Ära Ulbricht, die politische<br />
Stabilisierungsphase des SED-Regimes 1961<br />
bis 1970<br />
Nachdem 1960 die auf Zwang beruhende Kollektivierung<br />
von Industrie und Landwirtschaft<br />
nahezu abgeschlossen waren, eine Verbesserung<br />
der Versorgungslage der Bevölkerung im<br />
Vergleich zu den Erwartungen nicht erreicht<br />
werden konnte und die Abwanderung der<br />
Bevölkerung nach Westdeutschland sich vehement<br />
verstärkt hatte, wurde mit dem Mauerbau<br />
(„Antifaschistischer Schutzwall") 1961 eine<br />
„Stabilisierungsphase des SED-Systems" durch<br />
Ulbricht eingeleitet. Eine „neue ökonomische<br />
Politik" wurde angekündigt und vom VI. Parteitag<br />
der SED im Januar 1963 als „Neues<br />
Ökonomisches System der Planung und Leitung"<br />
(NÖSPL) beschlossen.<br />
Angestrebt wurden<br />
— mehr Flexibilität und Eigenverantwortlichkeit<br />
der Betriebe bei Planung und Leitung;<br />
— verbesserte Informationssysteme innerbe<br />
trieblich und in der Wirtschaft insgesamt;<br />
— der Übergang von einer „Planung in Mengen"<br />
zu Planungen nach Kosten-Nutzen-<br />
Vergleichen sowie die<br />
— Förderung von Effizienz, internationaler<br />
Wettbewerbsfähigkeit und Forschung.<br />
Dies sollte vor allem durch entsprechende<br />
Anreizsysteme, das sogenannte „System der<br />
ökonomischen Hebel", erreicht werden.<br />
In einem 1961 erschienenen Kommuniqué des<br />
Politbüros der SED „Die Frau — der Frieden und<br />
der Sozialismus " wurde auf Maßnahmen<br />
gedrängt, um die Gleichberechtigung der Frau<br />
als „unabdingbares Prinzip des Marxismus<br />
Leninismus" voranzubringen. Die Folge waren<br />
eine verbesserte Aus- und Weiterbildung der<br />
Frauen auch in Männerberufen und der Aufbau<br />
des Leitbildes der durchgehend erwerbstätigen<br />
Frau und Mutter. Das „Familiengesetzbuch der<br />
Deutschen Demokratischen Republik" von 1965<br />
ging noch von der Utopie einer konfliktfreien<br />
kommunistischen Menschengemeinschaft aus,<br />
in welcher sich die sozialistischen Persönlich<br />
Die Ära Honnecker und die Priorität der<br />
Konsumtions- und Sozialpolitik 1971 bis 1980<br />
Das Ende der Ära Ulbricht und der Beginn der<br />
Ära Honnecker 1971 waren verknüpft mit der<br />
Erfahrung, daß das NÖSPL nicht zu den erhofften<br />
und geplanten wirtschaftlichen Erfolgen<br />
geführt hatte, weil das Planungs- und Leitungssystem<br />
den Aufgaben einer dezentralen Betriebsführung<br />
ohne Rückgriff auf marktwirtschaftliche<br />
Regulationsmechanismen nicht gewachsen<br />
war. Die politische Ideologisierung<br />
aller gesellschaftlichen Bereiche verhinderte<br />
zudem ökonomisch rationale Entscheidungen.<br />
Eine Rezentralisierung der Wi rtschaft war die<br />
Folge. Bedingt durch die wegen wirtschaftlicher<br />
Ineffizienz und der Versorgungsmängel entstehende<br />
Unzufriedenheit der Bevölkerung, begann<br />
Honnecker seine Regierungszeit mit der<br />
Verkündung der „weiteren Erhöhung des materiellen<br />
und kulturellen Lebensniveaus des<br />
Volks auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos<br />
der sozialistischen Produktion, der<br />
Erhöhung der Effektivität des wissenschaftlich<br />
technischen Fortschritts und der Steigerung der<br />
Arbeitsproduktivität" (Hölder 1992, S. 27). Die<br />
Aufwendungen des Staates für Konsumtion und<br />
soziale Leistungen wurden im Vergleich zu den<br />
volkswirtschaftlichen Gesamtleistungen überproportional<br />
erhöht. Eine rasch steigende<br />
außenwirtschaftliche Verschuldung sowie der<br />
zunehmende Zerfall des Kapitalstocks der Wirtschaft<br />
waren die Folge. Der wegen systembedingter<br />
wirtschaftlicher Leistungsschwäche und<br />
erheblicher Investitionsdefizite letztlich unvermeidliche<br />
Bankrott des zentralgeleiteten Wirtschaftssystems<br />
stand kurz bevor.<br />
Der Niedergang der Wirtschaft<br />
und der Zusammenbruch 1980 bis 1989<br />
In den 80er Jahren wuchsen die Schuldenberge<br />
der DDR. Da dem Lohn- und Prämiensystem<br />
kein angemessenes Konsumgüterangebot gegenüberstand,<br />
wuchsen auch die Sparguthaben<br />
der DDR-Bürger und -Bürgerinnen. Das Subventionssystem<br />
zur Verbilligung der Grundbedarfe<br />
— Wohnung, Energie, Grundnahrungsmittel<br />
— führte zu grotesken Verschwendun-<br />
-<br />
Wirt<br />
-schaftliche<br />
Probleme<br />
und politische<br />
Ideologie<br />
Aufwendungen<br />
des Staates<br />
für<br />
Konsumtion<br />
und<br />
soziale<br />
Leistungen<br />
Wirt<br />
schaftli<br />
cher Zerfall