27.02.2014 Aufrufe

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gleich<br />

berechti<br />

gung von<br />

Mann und<br />

Frau nach<br />

dem<br />

Grund<br />

gesetz der<br />

Bundes<br />

republik<br />

Drucksache 12/7560<br />

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau in<br />

der Rechtsordnung generell und im Familienrecht<br />

speziell berührt die Lebensbedingungen<br />

in der Familie in grundlegender Weise. Der<br />

Umgang mit diesem Rechtsprinzip entscheidet<br />

über die Rollenzuweisung für Mann und Frau in<br />

der Familie wie in der Gesellschaft, über den<br />

Pflichtenkreis von Mann und Frau in der Familie,<br />

damit über das Gebundensein an die Familie,<br />

über gegebene oder fehlende Möglichkeiten<br />

der Persönlichkeitsentfaltung auch in anderen<br />

Bereichen. Es geht in diesem Zusammenhang<br />

um Abhängigkeit, die nicht nur aus der<br />

gemeinsamen Gestaltung des Familienlebens<br />

und gemeinsamer Verantwortung immer resultiert<br />

und die gegenseitiger Natur ist, sondern um<br />

Abhängigkeit (oder eben Unabhängigkeit) existentieller<br />

Art des einen Ehegatten (namentlich<br />

der Frau) vom anderen.<br />

Je stärker sich durch die Gesamtentwicklung<br />

der Lebensbedingungen, durch die Entwicklung<br />

besonders von Kultur, Bildung und Technik<br />

die Möglichkeiten wie die Erwartungen<br />

nach Persönlichkeitsentfaltung verstärken und<br />

der Wunsch nach Erweiterung der Tätigkeitsbereiche<br />

wächst, desto mehr besteht ein Zusammenhang<br />

zwischen der Gleichberechtigung von<br />

Mann und Frau, dem inhaltlichen Verständnis<br />

dazu und dem Wunsch bzw. der Bereitschaft zur<br />

Annahme der Ehe und der Elternschaft als<br />

lebensbestimmende Aufgabe.<br />

Das Grundgesetz hat die Gleichberechtigung<br />

von Mann und Frau (nach heftigen Widerständen)<br />

allgemein formuliert, nicht wie die Weimarer<br />

Verfassung gesondert auch für Ehe und<br />

Familie. Bis März 1953 (Artikel 117) war dem<br />

Gesetzgeber Zeit gegeben für die Anpassung<br />

des Rechts. Gefordert durch das Bundesverfassungsgericht<br />

(Dezember 1953) erfolgte die Ausarbeitung<br />

des Gleichberechtigungsgesetzes,<br />

das 1957 in Kraft trat. Dieses hatte ein spezifisches<br />

Verständnis und eine spezifische Zielstellung<br />

in bezug auf die Gleichberechtigung. Es<br />

hat die alte Rollenverteilung zwischen Mann<br />

und Frau in Ehe und Familie als gegeben und<br />

besonders schutzwürdig unterstellt und das<br />

Hausfrauenleitbild des BGB im Interesse der<br />

Verbesserung der Rechtsstellung der Hausfrau<br />

und Mutter ausgebaut. Danach hatte die Frau<br />

das Recht, den Haushalt in eigener Verantwortung<br />

(also nunmehr ohne Weisungsbefugnis<br />

des Mannes) zu führen. Sie war berechtigt,<br />

„... erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren<br />

Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist. "<br />

(§ 1356 BGB, Fassung von 1957).<br />

Die generelle Entscheidungskompetenz des<br />

Mannes in allen Angelegenheiten der Familie<br />

wurde beseitigt und mit dem Güterstand der<br />

Zugewinngemeinschaft eine gewisse finanzielle<br />

Absicherung des ökonomisch schwächeren<br />

Ehegatten (d. h. grundsätzlich der Frau und<br />

besonders der Hausfrau) eingeführt. Das alleinige<br />

Recht des Vaters, die Kinder zu vertreten<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />

und seine letztendliche Entscheidungskompetenz<br />

im Falle von Meinungsverschiedenheiten<br />

zwischen den Eltern, wie vom Gesetz vorgesehen,<br />

hat das Bundesverfassungsgericht 1959 für<br />

verfassungswidrig erklärt.<br />

Im Ergebnis intensiver Auseinandersetzungen<br />

um die Gleichberechtigung der Frau durch die<br />

gewachsene Frauenbewegung, die sprunghafte<br />

Veränderung der Stellung der Frau im Bereich<br />

der Bildung und die wachsende Frauenerwerbstätigkeit<br />

wurde 1976 mit dem 1. Ehereformgesetz<br />

das Hausfrauenleitbild des Familienrechts<br />

aufgegeben. Gleichzeitig wurde die<br />

Rolle des Familienrechts zum Schutz der Hausfrau<br />

wesentlich erweitert. Die Zugewinngemeinschaft<br />

blieb erhalten. Es wurde ein umfangreiches,<br />

viele rechtliche Probleme enthaltendes<br />

Unterhaltsrecht für den Fall der Trennung<br />

und Scheidung und mit dem Versorgungsausgleich<br />

eine völlig neue Scheidungsfolgenregelung<br />

geschaffen.<br />

Die Regelungen zu den Scheidungsfolgen sind<br />

generell an die Ehegatten adressiert, sprechen<br />

nicht von Mann oder Frau. Dennoch bestand die<br />

Motivation für den Ausbau des Scheidungsfolgenrechts<br />

und besteht seine praktische Bedeutung<br />

weitestgehend im Schutz der Hausfrau und<br />

Mutter. Der Gesetzgeber ging von der großen<br />

Zahl von Frauen und Müttern aus, die sich auf<br />

den Haushalt und die Erziehung der Kinder<br />

konzentrieren wollen bzw. sich darauf konzentrieren<br />

müssen, weil ihre Erwerbstätigkeit mit<br />

den Belangen der Familie nicht oder nur wenig<br />

vereinbar ist. Dafür sollte ein familienrechtlicher<br />

Ausgleich, d. h. ein solcher zwischen den<br />

Ehegatten, geschaffen werden. (Es ist allerdings<br />

möglich, diesen Schutz vertraglich auszuschließen.)<br />

Die Vereinbarkeit von Familie und<br />

Erwerbstätigkeit, die von der Familie selbst nur<br />

begrenzt sichergestellt werden kann und deshalb<br />

weitgehend eine gesellschaftliche Aufgabe<br />

sein muß, hatte das Recht der alten Bundesrepublik<br />

nicht formuliert. Das ist erstmals<br />

durch Artikel 31 Abs. 1 und 2 des Einigungsvertrages<br />

geschehen.<br />

Die Verfassung der DDR von 1949 hatte mit den<br />

Artikeln 7, 30 und 144 alle der Gleichberechtigung<br />

von Mann und Frau entgegenstehenden<br />

Bestimmungen mit sofortiger Wirkung außer<br />

Kraft gesetzt, ausdrücklich auch bezogen auf<br />

das Familienrecht. Außerdem hat die Verfassung<br />

(Artikel 18 Abs. 3) gefordert, durch Gesetze<br />

der Republik solche Einrichtungen zu<br />

schaffen, „die es gewährleisten, daß die Frau<br />

ihre Aufgabe als Bürgerin und Schaffende mit<br />

ihren Pflichten als Frau und Mutter vereinbaren<br />

kann" . Die Verfassung der DDR von 1968 hat<br />

diese Position fortgesetzt. Sie hat die Förderung<br />

der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung<br />

als staatliche und gesellschaftliche Aufgabe<br />

gekennzeichnet (Artikel 20 Abs. 2). Außerdem<br />

sollte das Grundrecht auf Achtung,<br />

-<br />

Regelung<br />

von Schei<br />

dungs<br />

folgen<br />

Gleich<br />

berechti<br />

gung von<br />

Mann und<br />

Frau in<br />

der Verfassung<br />

der DDR

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!