Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Förderung<br />
der beruf<br />
lichen<br />
Qualifika<br />
tion und<br />
Verbesse<br />
rung der<br />
Qualität<br />
von<br />
Teilzeit<br />
arbeits<br />
plätzen<br />
Zu überwinden sind auch hier die in Ost und<br />
West unterschiedlichen Ausbildungssituationen.<br />
Westdeutsche Ausbildungsbetriebe sollten<br />
deshalb ihre Vermittlungsaufträge auch an Ost<br />
Arbeitsämter weitergeben. Damit könnten die<br />
Stellen-Interessenten Ost die Möglichkeiten<br />
einer Vermittlung über die Arbeitsämter noch<br />
intensiver nutzen, um eine Ausbildung in westdeutschen<br />
Betrieben aufzunehmen. Mit der<br />
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in den<br />
neuen Bundesländern erhöht sich sowohl der<br />
Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern als auch<br />
der Anreiz zur beruflichen Mobilität in Richtung<br />
Osten.<br />
Ausbildungsdefizite heute reduzieren das morgen<br />
verfügbare Potential an qualifizierten Fachkräften;<br />
sie reduzieren sowohl die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft<br />
als auch die Lebensperspektiven der<br />
betroffenen Generation. In die berufliche Ausund<br />
Weiterbildung zu investieren ist für die<br />
Zukunftssicherung unabdingbar.<br />
Wiederholt wurde in diesem Bericht die These<br />
vertreten, daß es sowohl familien- als auch<br />
beschäftigungspolitisch sinnvoll sei, die Arbeitszeit<br />
in bezug auf die Lage wie auch in<br />
bezug auf den Umfang häufiger als bisher<br />
zu flexibilisieren. In diesem Zusammenhang<br />
kommt der Diskussion über Teilzeitarbeit einige<br />
Bedeutung zu. Ein beachtlicher Kritikpunkt hinsichtlich<br />
der Forderung nach Erweiterung des<br />
Angebots an Teilzeitarbeitsplätzen lautet, Teilzeitarbeit<br />
beschränke sich auf Tätigkeiten mit<br />
geringen Qualifikationsniveaus.<br />
Im internationalen Vergleich zeigt die Bundesrepublik<br />
Deutschland ein überdurchschnittliches<br />
Teilzeitpotential. Einer EG-Umfrage zufolge<br />
würden hier 8 % der Teilzeitbeschäftigten<br />
lieber Vollzeit arbeiten. Dieser Wert liegt deutlich<br />
unter dem EG-Durchschnitt von 37 % . Auch<br />
ist nach einem OECD-Vergleich in der Bundesrepublik<br />
Deutschland die Bedeutung fehlender<br />
Vollzeitarbeitsplätze als Grund für Teilzeitarbeit<br />
(unfreiwillige Teilzeitarbeit) als nur vergleichsweise<br />
gering einzuschätzen (Klös 1992,<br />
S. 132 ff.). Dieser autonome, nicht arbeitsplatzmangelbedingte<br />
Teilzeitbedarf in Deutschland<br />
entsprach nach einer IAB-Repräsentativbefragung<br />
von 1986 einem eigentlich nicht gewünschten<br />
Maß an Mehrarbeit von ca. 20 % der<br />
von Frauen im Durchschnitt tatsächlich erbrachten<br />
Arbeitszeit. In einem Umfang von nahezu<br />
sieben Stunden pro Woche arbeiteten Frauen im<br />
Durchschnitt mehr als es ihren Wünschen entsprach.<br />
Insgesamt bestätigte diese Befragung<br />
bereits vorliegende Befunde, so verlautet in<br />
einer resümierenden Bestandsaufnahme zum<br />
Thema „Teilzeitarbeit und Arbeitsvolumen"<br />
(Brinkmann/Kohler 1989, S. 477). Durch ein<br />
zusätzliches Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen<br />
wären folglich sowohl Arbeitsplatzgewinne<br />
möglich als auch Verbesserungen der Familienorientierung<br />
in der Arbeitswelt.<br />
Um für die Breite der Nachfrage nach Teilzeitarbeitsplätzen<br />
adäquate Angebote und zugleich<br />
eine dauerhafte Akzeptanz dieses Angebots<br />
durch die Nachfrager erreichen zu können,<br />
wären folgende Schritte notwendig:<br />
„ 1. das Angebot an Teilzeitarbeit für Arbeitsplätze<br />
mit höheren Qualifikationsanforderungen<br />
zu vergrößern;<br />
2. eine ausgewogene Verteilung der Entscheidungs-<br />
und Verfügungsrechte zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzustellen;<br />
3. mehr Transparenz der sozialversicherungsrechtlichen<br />
Konsequenzen einer Teilzeitbeschäftigung<br />
zu schaffen;<br />
4. Diskriminierungen Teilzeitbeschäftigter in<br />
bezug auf das Arbeitsentgelt, die freiwilligen<br />
sozialen Leistungen und den Sozialversicherungsschutz<br />
zu vermeiden;<br />
5, die Anrechnungsbestimmungen bei der<br />
Ermittlung der Belegschaftsgröße im Zusammenhang<br />
mit Regelungen des Betriebsverfassungs-<br />
und des Mitbestimmungsgesetzes<br />
über die im Beschäftigungsförderungsgesetz<br />
von 1985 vorgenommenen<br />
Regelungen hinaus zu ändern" (Lampert<br />
1993, S. 61).<br />
Für den Bereich der Förderung der Reintegration<br />
von Müttern und Vätern in den Arbeitsmarkt<br />
gibt es einen bemerkenswerten Vorschlag<br />
(von Klaus Murmann). Danach sollten in<br />
einer ersten Phase die Bildungseinrichtungen<br />
der Wirtschaft eine überbetriebliche Anpassungsfortbildung<br />
organisieren und gestalten,<br />
die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert<br />
wird; in einer zweiten Phase sollten Unternehmen<br />
Teilzeitarbeitsplätze anbieten, die mit<br />
internen Trainingsprogrammen kombiniert<br />
werden, für die Teil-Unterhaltsgeld gezahlt<br />
wird; in der dritten Phase sollten die ausgebildeten<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
unter Berücksichtigung moderner Arbeitszeitgestaltung<br />
beschäftigt werden (siehe dazu<br />
ebenfalls Lampert 1993, S. 63). Es wäre zu<br />
erwägen, ob nicht dieser Vorschlag geeignet ist,<br />
nicht nur in den neuen Bundesländern gravierende<br />
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsprobleme<br />
zu lösen.<br />
Hier geht es um eine Aufgabe, die nicht von den<br />
Unternehmen allein bewirkt werden kann. Zur<br />
Diskussion stehen neue Lebens- und Arbeitszeitmuster.<br />
Inwieweit sie den Präferenzen von<br />
Familien entsprechen, entscheiden diese nicht<br />
zuletzt selbst: Frauen und Männer, Mütter und<br />
-<br />
Väter. Daß hier nicht nur die Vereinbarkeit von<br />
Familie und Erwerbstätigkeit zur Diskussion<br />
steht, sondern auch die von Familie und Bildungserwerb,<br />
ist eine zentrale Botschaft dieses<br />
Berichts. Sie richtet sich an alle Entscheidungsträger<br />
unserer Gesellschaft.<br />
Anregungen zur familiengerechten Gestaltung<br />
der Lebensmuster gibt es genug. Ein Beispiel ist<br />
Notwendige<br />
Schritte<br />
zur Be<br />
darfs<br />
deckung<br />
Förderung<br />
der Reintegration<br />
von Eltern<br />
in den Arbeitsmarkt