Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Zur Stärkung<br />
der<br />
Familien<br />
orientie<br />
rung bei<br />
der Neu<br />
orientie<br />
rung der<br />
Berufe<br />
tätigkeit erworbenen Kompetenzen erprobt,<br />
zum Beispiel: Ausbildung von Frauen zur<br />
Diplomsozialarbeiterin neben der Familientätigkeit.<br />
Die untersuchten Berufe sind verstärkt denen<br />
zuzuordnen, die bisher insbesondere von<br />
Frauen gewählt werden und die auch unterschiedliche<br />
Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />
haben. Das relevante Berufsspektrum wird breiter,<br />
wenn stärker von Schlüsselqualifikationen<br />
ausgegangen wird. Bisher standen eher Fachqualifikationen<br />
im Vordergrund.<br />
Da mit der Anerkennung der durch Familienarbeit<br />
gewonnenen Kompetenzen auch professionelle<br />
Besitzstände berührt werden, kommt es<br />
sehr stark auf die Mitwirkung der Interessenvertretungen<br />
an. Ihnen wird einleuchten müssen,<br />
daß diejenigen, die sich zeitweilig, mit unterschiedlicher<br />
Gewichtung, auf diejenigen Leistungen<br />
(in der Familie) konzentrieren, die der<br />
gesellschaftlichen Daseinssicherung dienen,<br />
hochwertige Leistungen erbringen und dabei<br />
solche Kompetenzen erwerben, die zur humanen<br />
Erneuerung der Gesellschaft unentbehrlich<br />
sind.<br />
5.3 Familienorientierung als<br />
Handlungsperspektive<br />
Wichtige berufsübergreifende Handlungsperspektiven,<br />
die zur Familienorientierung bei der<br />
Weiterentwicklung und Neuordnung der Berufe<br />
mit Familien- und Haushaltsbezug beitragen,<br />
sind:<br />
— Familienbezogenheit und Haushaltsorientierung<br />
können nicht losgelöst vom gesellschaftlichen<br />
Strukturwandel gesehen werden.<br />
Sie haben je nach Entwicklungsverlauf,<br />
Problemkonstellation und gesellschaftlichen<br />
Normen eine differenzie rt zu bewertende<br />
Bedeutung für die mitmenschliche Hilfe und<br />
für die Bewältigung sozialer Aufgaben.<br />
Berufsausbildung und Berufspraxis mit begleitender<br />
Weiterbildung brauchen daher<br />
eine familienwissenschaftliche Grundlegung,<br />
die dem Wandel gemäß dynamisch<br />
und aktuell sein muß.<br />
— Familien- und haushaltsbezogene Dienstleistungsberufe<br />
benötigen eine Dienstleistungsfähigkeit,<br />
die inhaltlich und methodisch<br />
eine fachlich gestützte Kommunikation<br />
und Interaktion mit Familienangehörigen<br />
ermöglicht. Dazu gehören Kommunikations-<br />
und Interaktionsfähigkeit zwischen<br />
beruflich Tätigen und Familien(-angehörigen)<br />
als Ausprägung der Schlüsselqualifikation<br />
des Dienens. Von gleicher Bedeutung<br />
für die Familie sind die Kooperationsfähigkeit<br />
der Fachkräfte verschiedener Berufe<br />
untereinander und die Auflockerung der<br />
institutionellen Zentriertheit (zum Beispiel<br />
der zentralen Stellung der Klinik in der<br />
Medizin).<br />
— Ziel der Berufsarbeit ist die Selbsthilfefähigkeit<br />
der Familien und der einzelnen Menschen.<br />
Dazu gehört das Anleiten von Familienangehörigen,<br />
um sich selbst und andere<br />
-<br />
versorgen zu können, und zwar sowohl in der<br />
Bewältigung des Alltags als auch in der<br />
Bewältigung von besonderen Belastungen,<br />
zum Beispiel bei der Verrichtung von pflegerischen<br />
Aufgaben. Die Bildungsexpansion<br />
hat auch das Selbsthilfepotential drastisch<br />
gestärkt.<br />
Die zuvor erwähnten Kompetenzen werden<br />
durch Allgemeinbildung und Berufsbildung<br />
sowie durch Familienarbeit entwickelt. Die<br />
Berufstätigen brauchen sie als Berufsqualifikation,<br />
die Familienangehörigen — also alle — als<br />
Daseinskompetenz.<br />
6. Die Bedeutung von<br />
Daseinskompetenzen für Familie<br />
und Gesellschaft<br />
Das Bildungswesen betont durch seine Bildungsinhalte<br />
einseitig jene Qualifikationen, die<br />
in der Erwerbsarbeit einsetzbar sind. Weder das<br />
Zeitmuster des menschlichen Lebens noch die<br />
Lebensweisen sind jedoch so eindeutig auf<br />
Erwerbsarbeit gerichtet, wie die Bildungsinhalte<br />
zum Ausdruck bringen. Das Ausblenden<br />
wesentlicher Dimensionen des menschlichen<br />
Lebens ist einer der Hintergründe von Unsicherheit<br />
und Fehlverhalten in Partnerschaft und<br />
Familie, in Beruf und Gemeinwesen. In der<br />
Berufsarbeit gewinnen bereits allgemeine Befähigungen<br />
an Bedeutung. Zu nennen sind:<br />
Beweglichkeit, Lernfähigkeit, Problembewußtsein,<br />
Selbständigkeit, Verantwortungsbereitschaft,<br />
Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit,<br />
Denken in Zusammenhängen und anderes<br />
mehr. Derartige Basis- oder Schlüsselqualifikationen<br />
sollen den einzelnen in die Lage versetzen,<br />
sich im technisch-wirtschaftlichen Wandel<br />
ständig neu zu orientieren.<br />
Der Dritte <strong>Familienbericht</strong> hat im Hinblick auf<br />
die gleichen Probleme und Notwendigkeiten<br />
auf die Neu- und Umorientierung bei der Aufgabenstellung<br />
und dem Bildungsangebot für<br />
das Alltagsleben und die Familienhaushaltsführung<br />
eindringlich aufmerksam gemacht. Die<br />
Daseinsbewältigung und Daseinsvorsorge verlangen<br />
von jedem Menschen eine Vielzahl<br />
anspruchsvoller Kompetenzen, die im Kontext<br />
des gesellschaftlichen Wandels permanent<br />
überprüft und erneuert werden müssen und die<br />
sich in unterschiedlichen zeitgeschichtlichen<br />
Spannen, Lebensphasen, Lebenslagen und bei<br />
einer Pluralität von Lebensweisekonzepten als<br />
ernsthafte Herausforderungen für lebenslanges<br />
Lernen darstellen lassen. Ein Bildungsangebot,<br />
das nahezu ausschließlich höchstspezialisierte<br />
Berufsqualifikationen vermittelt, übersieht, daß<br />
Leistungen im Erwerbsberuf eine intakte private<br />
und familiale Lebenssituation zur Voraus-<br />
Einseitige<br />
Förderung<br />
von Qualifikationen<br />
für Er<br />
werbs<br />
arbeit