Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Drucksache 12/7560<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
Zeitkon<br />
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schen Fa<br />
milien<br />
tätigkeit<br />
und Er<br />
werbstä<br />
tigkeit<br />
scheidendes Gewicht zugemessen wird. Die<br />
genannten Ziele sind weithin anerkannt und<br />
haben Eingang in den familienpolitischen Zielkatalog<br />
der Bundesrepublik gefunden. Gleichwohl<br />
sind sie — insbesondere im Bereich der<br />
Wirtschaft — noch weithin unerfüllt, wenngleich<br />
der <strong>Bundestag</strong> mit der Einführung des<br />
Erziehungsgeldes, des Erziehungsurlaubs und<br />
der Anerkennung von Erziehungsjahren in der<br />
Rentenversicherung wertvolle, zur Zielerreichung<br />
geeignete neue Instrumente bereitgestellt<br />
hat.<br />
Im Rahmen der Politik zur Realisierung dieser<br />
zentralen familienpolitischen Ziele verdienen<br />
besonderes Augenmerk der Ausbau der Zahl<br />
familienorientierter Arbeitsplätze, die Vorbeugung<br />
gegen einen Verlust von beruflicher Qua-<br />
-<br />
lifikation bei Unterbrechung der Erwerbstätigkeit<br />
bzw. die Kompensation eines solchen Verlustes<br />
durch eine Förderung der beruflichen<br />
Rehabilitation und die weitere Verbesserung<br />
der sozialen Sicherung kindererziehender<br />
Frauen und Männer.<br />
Die Maßnahmen zur Schaffung einer familienorientierten<br />
Arbeitswelt dürfen nicht unkoordiniert<br />
erfolgen. Erst eine funktionsgerechte<br />
Bündelung wird das Spannungsverhältnis zwischen<br />
Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit<br />
abbauen können.<br />
Wie bereits in Kapitel VII.8 erörtert wurde, muß<br />
das Ausmaß der mangelnden Vereinbarkeit von<br />
Zeiten für Familientätigkeit und für Erwerbstätigkeit<br />
als Tatbestand einer gravierenden familialen<br />
Belastungskumulation angesehen werden.<br />
Leider wird dieses Problem zu häufig nicht<br />
ausdiskutiert. Seine Bedeutung ist gleichwohl in<br />
der Gegenwart einmal im Zusammenhang mit<br />
den inzwischen bekannten empirischen Daten<br />
über die (bislang) zeitlichen Überbelastungen<br />
ostdeutscher erwerbstätiger Frauen erneut ins<br />
Bewußtsein der Öffentlichkeit getreten. Zum<br />
anderen dürften die gegenwärtig durchgeführten<br />
Familienzeitbudgetstudien des Statistischen<br />
Bundesamtes, die ihr Entstehen einer besonders<br />
begrüßenswerten Initiative des BMFuS verdanken,<br />
— wie schon die ersten Auswertungen<br />
zeigen — bestätigen, daß im Alltag des Familienlebens<br />
Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit<br />
im Zeitbudget der Familien am heftigsten<br />
miteinander rivalisieren.<br />
In den ostdeutschen Haushalten bedeutete bei<br />
der überwiegenden Zuständigkeit von Frauen<br />
für familiale Aufgaben das hohe Maß an<br />
Erwerbsbeteiligung eine deutlich stärkere zeitliche<br />
Belastung von Frauen gegenüber Männern<br />
durch Hausarbeit und Beruf. Diese<br />
geschlechtsspezifische unterschiedliche Wahrnehmung<br />
familialer Tätigkeiten setzte sich auch<br />
nach der Wende fo rt : So gaben 36 % der Frauen<br />
und 15 % der Männer im Winter 1990/91 an, daß<br />
der wöchentliche Zeitaufwand für Hausarbeit<br />
zwischen 20 und 40 Stunden liegt; 20 % der<br />
Frauen und 5 % der Männer waren über 40<br />
Stunden in der Woche im Haushalt tätig (Dan<br />
nenbeck 1992, S. 192 ff.). Befragungen Ende<br />
1990 ergaben, daß in den neuen Bundesländern<br />
die Doppelbelastung der Frauen deutlich größer<br />
war als bei Männern. 52 % der ostdeutschen<br />
Frauen gegenüber 30 % der ostdeutschen Männer<br />
verwendeten wöchentlich mehr als 60 Stunden<br />
für Beruf und Haushalt (Keiser 1992,<br />
S. 25 ff.).<br />
Daß dies kein Tatbestand ist, der die westdeutschen<br />
von den ostdeutschen Haushalten unterscheidet,<br />
ließ sich längst schon durch das Zahlenmaterial<br />
der Familienzeitbudgetstudie von<br />
Krüsselberg u. a. belegen. Die Gesamtperspektive<br />
ist eindeutig: Familientätigkeit führt zu<br />
einer erheblichen Belastungskumulation bei<br />
den erwerbstätigen Müttern. Dabei häufen sich<br />
die zeitlichen Belastungsspitzen im Familienzyklus<br />
in zwei Phasen: bei Familien mit Kindern<br />
unter 3 Jahren und, deutlich fortgesetzt, bei<br />
Familien mit Kindern zwischen 3 bis 6 Jahren. —<br />
Das Material zeigt zudem, daß erwerbstätige<br />
Mütter eine tägliche Mithilfe ihrer Männer<br />
erfahren, welche sich allerdings schwerpunktmäßig<br />
auf den Bereich „Kinderbetreuung"<br />
erstreckt. Offensichtlich besteht in nicht wenigen<br />
Fällen eine Bereitschaft der Männer zur<br />
Übernahme von Hausarbeit und Kinderbetreuung,<br />
wenn die Ehefrau einer Erwerbstätigkeit<br />
nachgeht. Es zeigen sich erste Ansätze zu einer<br />
Koordinierung von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit<br />
für beide Elternteile. Gleichwohl<br />
führt sicherlich gerade jene permanente gemeinsame<br />
Erfahrung der Belastungskumulation<br />
in der Zeit dazu, daß Eltern ihre Arbeitszeiten<br />
gern flexibilisiert sähen (siehe dazu Krüsselberg<br />
u. a. 1986, Krüsselberg 1987, S. 26 und 34).<br />
Den neuen Lebensmodellen sollen neue (Arbeits-)Zeitmodelle<br />
entsprechen. Dabei ist — wie<br />
bereits in Kapitel VII. gezeigt wurde — vor allem<br />
das „Normalarbeitsverhältnis" in den Kernbereich<br />
der Kritik getreten. Weithin wird daher<br />
diskutiert, inwieweit über die Vermehrung von<br />
Teilzeitarbeit und die Einrichtung von „Familienpausen"<br />
zeitliche Entlastungen für Familien<br />
möglich gemacht werden können. Zumindest in<br />
der Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht<br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
zeichnet sich die Tendenz ab, die mittelbare<br />
Diskriminierung von Teilzeitarbeitsverhältnissen<br />
zu unterbinden: Teilzeitbeschäftigte dürfen<br />
nicht schlechter bezahlt werden, müssen bei der<br />
betrieblichen Altersversorgung eine Gleichbehandlung<br />
erfahren und haben vollen Anspruch<br />
auf sonstige Vergütungen (wie z. B.<br />
Urlaubs- und Weihnachtsgeld).<br />
Insgesamt ist die berufliche und familiale<br />
Arbeitsbelastung von Frauen im Vergleich zu<br />
Männern deutlich höher, so daß hier über eine<br />
andere Verteilung der Arbeitszeit und über<br />
Kinderbetreuungsmöglichkeiten Erleichterungen<br />
zu suchen sind. Mütter bzw. Familien, die<br />
die Kinderbetreuung selbst übernehmen und<br />
damit ein geringeres Einkommen als „Doppelverdiener"<br />
haben, benötigen neben arbeits-<br />
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