Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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Drucksache 12/7560<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode<br />
Dauer der<br />
Ausbil<br />
dung<br />
Zum Beispiel sind durch die Länder im Interesse<br />
studierender Eltern zu regeln: die Berücksichtigung<br />
von Schwangerschaft und Elternschaft in<br />
den Studien- und Prüfungsordnungen, so die<br />
Verlängerung der Regelstudienzeiten, die Möglichkeit<br />
der Beurlaubung zur Betreuung eines<br />
Kindes ohne Anrechnung auf Höchstfristen, die<br />
Verlängerung der Bearbeitung von Abschlußarbeiten.<br />
Angesichts der Studienrealität kann die<br />
Fiktion des Vollzeitstudenten bereits jetzt nicht<br />
mehr der Hochschulplanung und Studienorganisation<br />
zugrunde gelegt werden.<br />
Ein anderes Beispiel ist die Berücksichtigung<br />
von Teilzeitarbeit bei der Organisation von<br />
Bildungsurlaubsmaßnahmen. Da sich vor allem<br />
Mütter um der Erfüllung von Familienaufgaben<br />
willen in Teilzeitarbeitsverhältnissen befinden,<br />
ist ihnen die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub<br />
sehr erschwert, wenn diese in Ganztagsform<br />
angeboten werden. Daher ist es unumgänglich,<br />
auch den Bildungsurlaub in Teilzeitform<br />
anzubieten und dafür auch die rechtlichen<br />
Voraussetzungen zu schaffen.<br />
Eine bessere zeitliche Organisation der Weiterbildung<br />
und die Gewährleistung der Kinderbetreuung<br />
in der Weiterbildungszeit sind wichtige<br />
Elemente der Rücksichtnahme auf Eltern<br />
mit Kindern.<br />
Schließlich ist auch eine verläßliche zeitliche<br />
Organisation der Schule (Halbtagsschule,<br />
Ganztagsschule) anstelle (täglich) flukturierender<br />
Zeitanteile ein bedeutender Beitrag zur<br />
Familienorientierung der Schulwelt.<br />
Da eine durchgreifende Familienorientierung<br />
des Bildungssystems nur mit langem Atem<br />
erreichbar ist, betont die Kommission, daß die<br />
möglichen Maßnahmen zur Verkürzung der<br />
Ausbildungszeiten ergriffen werden müssen,<br />
um ein „Altwerden" in der Erstausbildung zu<br />
vermeiden. Maßnahmen zur Verkürzung der<br />
Zeiten der Erstausbildung sollten auch gegen<br />
den Widerstand berufsständischer Interessengruppen<br />
(zum Beispiel Lehrpersonen oder<br />
Berufsgruppen, die sich gegen konkurrierenden<br />
Nachwuchs möglichst lange abschotten<br />
wollen) durchgesetzt werden. Es reicht nicht,<br />
nur die zeitliche Ausdehnung der Bildungswege<br />
nicht fortzusetzen oder diese Aufgabe nur<br />
einem der Bildungsbereiche, etwa der Schule<br />
oder der Hochschule oder der beruflichen Bildung<br />
zuzuschieben. Auch das Schulsystem im<br />
Westen hat hier einen Ansatzpunkt zur Familienorientierung,<br />
die in den östlichen Bundesländern<br />
durch die zwölfjährige Schulzeit bereits<br />
Realität ist.<br />
Es kommt also einerseits darauf an, jungen<br />
Menschen so früh wie möglich das Herstellen<br />
„geordneter Verhältnisse" zu ermöglichen.<br />
Dazu gehört als zentraler Punkt die Einordnung<br />
der Ausbildung in den Lebenslauf. Da eine<br />
bestimmte Norm immer weniger den verschiedenen<br />
Lebensperspektiven gerecht werden<br />
kann, muß es außerdem verstärkt möglich<br />
sein, neben dem Nacheinander von Ausbildung,<br />
Berufsstart und Familiengründung auch<br />
den Weg der Gleichzeitigkeit von Ausbildung<br />
und Elternschaft zu wählen.<br />
Ein Beispiel für kürzere Ausbildungszeiten in<br />
der Wirtschaft sind Programme, die berufliche<br />
Erstausbildung und weiterbildende Qualifikation<br />
integrieren, die stufenartig innerhalb von<br />
dreieinhalb Jahren zwei Abschlüsse ermöglichen.<br />
Derartige zunächst um der Nachwuchssicherung<br />
willen konzipierten Ausbildungsange -<br />
bote können unter Gesichtspunkten der Gleichzeitigkeit<br />
von Ausbildung und Familiengründung<br />
weiterentwickelt werden.<br />
Im Hochschulbereich sind Studienkonzepte zu<br />
entwickeln, die berufspraktische Ausbildung<br />
und Studium so miteinander verzahnen, daß der<br />
häufig herausgeschobene Zeitpunkt des Berufseintritts<br />
vorgezogen wird. Die Fachhochschulen<br />
haben solche Studienmodelle bereits erfolgreich<br />
erprobt. Durch einen massiven Ausbau der<br />
Fachhochschulen sollte ein sehr viel größerer<br />
Anteil der Studienanfänger und -anfängerinnen<br />
für ein Fachhochschulstudium gewonnen werden.<br />
Die Verkürzung der Ausbildung darf nicht mit<br />
einer inhaltlichen und zeitlichen Überforderung<br />
verbunden sein. Vielmehr kommt es darauf an,<br />
schon bei der Konzeption der Erstausbildung<br />
mit der späteren Weiterbildung zu rechnen.<br />
Deshalb sind Erstausbildung und Weiterbildung<br />
konsequent aufeinander abzustimmen.<br />
Die große Bedeutung, die die Bildung für ein<br />
gelingendes Leben der Individuen und für das<br />
Zusammenleben in der Gesellschaft hat, geht<br />
aus den Fakten zur Bildungsbeteiligung der<br />
Kinder, zur Bedeutung der Bildung für Partnerwahl<br />
und Familienentwicklung, zur Bildungsbeteiligung<br />
der Eltern und zu den damit in<br />
Wechselbeziehung stehenden Aspekten der<br />
Berufsbildung, Berufswahl und Berufsposition<br />
unbestreitbar hervor. Ebenso unbestreitbar ist<br />
jedoch auch, daß das Bildungswesen durch<br />
seine Bildungsinhalte einseitig jene fachlichen<br />
Qualifikationen betont, die in der Erwerbsarbeit<br />
einsetzbar sind. Daher weist die Kommission<br />
nachdrücklich darauf hin, daß Zielsetzung und<br />
Sinngebung der Bildung auf die Ganzheit des<br />
menschlichen Lebens bezogen sein müssen, um<br />
ihrer Bedeutung gerecht werden zu können. Sie<br />
empfiehlt, der Entwicklung jener Kompetenzen<br />
angemessenen Raum zu verschaffen, die zur<br />
Bewältigung des (mit-)menschlichen Daseins in<br />
Familie und Gesellschaft unerläßlich sind, und<br />
Fach- und Daseinskompetenzen stärker zu verzahnen.<br />
Familien benötigen auch eine Kompetenz, die<br />
sie zum Umgang mit dem Bildungssystem befähigt.<br />
An den Bildungsleistungen der Familie, an<br />
den in der Familie zu treffenden Bildungsentscheidungen<br />
und an den Beanspruchungen,<br />
denen die Familie durch das Bildungssystem<br />
sowohl hinsichtlich der Kinder als auch der<br />
Fach- und<br />
Daseins<br />
kompe<br />
tenzen