Fünfter Familienbericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode Drucksache 12/7560<br />
Ge<br />
schlechts<br />
spezifi<br />
sche Dis<br />
kriminie<br />
rung bei<br />
Einstellungen<br />
.. .<br />
...auch<br />
von Aus<br />
zubilden<br />
den<br />
neuen Bundesländern bereits frühzeitig Muster<br />
der betrieblichen Beschäftigungspolitik etabliert<br />
haben, wie sie von westlichen Arbeitsmärkten<br />
bekannt sind. Danach setzt sich nicht<br />
bei den Entlassungen aus den Betrieben, sondern<br />
primär bei den Einstellungen eine zielgruppenspezifische<br />
insbesondere geschlechtsspezifische<br />
-- Diskriminierung durch.<br />
Angesichts des hohen Arbeitskräfte-Überhangs<br />
werden Männer bei Einstellungen deutlich<br />
bevorzugt. Beobachtungen der Arbeitsämter<br />
zeigen:<br />
— Frauen mit Kleinkindern sind besonders<br />
betroffen. Stellenangebote für Teilzeitarbeit<br />
sind Ausnahmefälle. Das Kinderbetreuungsnetz<br />
ist löcherig geworden.<br />
— Bei Stellenangeboten im Bürobereich werden<br />
entweder sehr junge Frauen ohne Kinder<br />
oder Frauen im Alter zwischen 35 und 45<br />
Jahren bevorzugt. Ganz gering sind die Wiedereingliederungschancen<br />
der Frauen, die<br />
45 Jahre und älter sind. Ein beachtlicher Teil<br />
dieser älteren Frauen erfüllt nicht die<br />
Anspruchsvoraussetzungen für das Altersübergangsgeld.<br />
— Frauen mit kaufmännischen Fach- oder<br />
Hochschulabschlüssen werden in der Regel<br />
unterwertig eingestellt.<br />
— Bei Frauen mit Facharbeiter-Ausbildungen<br />
im gewerblich-technischen Bereich ist die<br />
Situation nicht besser. Obwohl sie bereit<br />
sind, auch Arbeiten zu übernehmen, die<br />
nicht ihrer Qualifikation entsprechen, werden<br />
sie von Arbeitgebern nur selten bei<br />
Einstellungen berücksichtigt.<br />
— Zunehmend dringen Männer in ehemals<br />
weibliche Dienstleistungen ein (Banken,<br />
Post, Verkehrswesen). Dieser Trend ist<br />
besonders bei den sich sukzessive computerisierenden<br />
Dienstleistungsbereichen zu beachten.<br />
Bekannt ist, daß die Bereitschaft der Unternehmen,<br />
weibliche Auszubildende einzustellen,<br />
deutlich abgenommen hat. Begründet wird dies<br />
zum einen mit dem ehemaligen staatlichen<br />
Lenkungssystem, das die Betriebe zwang, einen<br />
bestimmten Anteil an Mädchen einzustellen<br />
bzw. manche Lehrberufe ausschließlich für<br />
Frauen zu reservieren, zum anderen wird die<br />
auch weiterhin vermutete geringe Produktivität<br />
von Frauen aufgrund von höheren Fehlzeiten,<br />
familienbedingten Ausfallzeiten und Schutzgesetzen<br />
als Argument angeführt.<br />
Zum Bild des Frauenarbeitsmarktes gehört auch<br />
die im Vergleich zu den Männern im Durchschnitt<br />
geringere regionale Mobilität. So liegt<br />
z. B. bei den Pendlerströmen und den Abwanderungen<br />
der Frauenanteil deutlich unterhalb<br />
ihres Anteils an der Arbeitslosigkeit. In ländlichen<br />
Regionen sind Frauen noch zusätzlich<br />
durch die Einschränkung des öffentlichen Nahverkehrs<br />
betroffen. Der Zweit-Pkw ist in den<br />
neuen Bundesländern immer noch die Ausnahme.<br />
Im Hinblick auf die Partizipation an arbeitsmarktpolitischen<br />
Maßnahmen ergibt sich folgendes<br />
Bild: Frauen sind bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
und Kurzarbeit unterrepräsentiert.<br />
Unter den Abgängen in den Vorruhestand<br />
waren Frauen unterdurchschnittlich, bei<br />
den Teilnehmern an Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen<br />
überdurchschnittlich<br />
beteiligt.<br />
Daß alle diese Tatbestände dazu beitragen, das<br />
Gefühl der Frauen zu verstärken, die Verliererinnen<br />
des Vereinigungsprozesses zu sein,<br />
erklärt sich durch die Rückbesinnung auf ihren<br />
Status zu DDR-Zeiten. Das DDR-Recht hatte<br />
umfassende Regelungen getroffen zur Durchsetzung<br />
des Ziels der Gleichberechtigung der<br />
Frauen im Sinne ihrer vollen Einbeziehung in<br />
den Arbeitsprozeß 6).<br />
Wohl waren fehlende Arbeitskräfte, niedrige<br />
Entlohnung, auch wirtschaftliche Zwänge des<br />
Staates und der Familien ein Grund für die volle<br />
-<br />
Einbeziehung der Frauen in die Erwerbstätigkeit.<br />
Daß dies allerdings möglichst vollbeschäftigt<br />
und ohne längere Unterbrechung der Fall<br />
sein sollte, war dennoch ein Schwerpunkt der<br />
Ideologie.<br />
6) Verfassung der DDR — Artikel 20 (2): „Mann und Frau<br />
sind gleichberechtigt und haben die gleiche Rechtstellung<br />
in allen Bereichen des gesellschaftlichen,<br />
staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung<br />
der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung,<br />
ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe. " Im<br />
Arbeitsgesetzbuch der DDR enthält § 233 Regelungen<br />
zur Betreuung der Kinder von Betriebsangehörigen.<br />
§ 240 enthält im Grundsatz die Verpflichtung der<br />
Betriebe, werktätigen Frauen mit Kindern durch planmäßige<br />
Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen<br />
immer bessere Möglichkeiten zu schaffen,<br />
damit sie ihre berufliche Tätigkeit und Entwicklung<br />
mit ihren Aufgaben als Mutter und in der Familie<br />
besser miteinander vereinbaren können. — § 241 traf<br />
Festlegungen für die Aus- und Weiterbildung von<br />
Frauen.<br />
(1) Für die Frauen, zu deren Haushalt Kinder bis zu 16<br />
Jahren gehörten, wurden in Rechtsvorschriften besondere<br />
Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung<br />
bei der Aus- und Weiterbildung festgelegt.<br />
(2) Der Betrieb war verpflichtet, Frauen, zu deren<br />
Haushalt Kinder bis zu 16 Jahren gehörten, bei der<br />
Aus- und Weiterbildung jede erforderliche Unterstützung<br />
zu gewähren. Bei Rationalisierungsmaßnahmen<br />
und Strukturveränderungen hatte der Betrieb Voraussetzungen<br />
dafür zu schaffen, daß die erforderlichen<br />
Qualifizierungen der Frauen soweit wie möglich während<br />
der Arbeitszeit stattfinden konnten.<br />
Mit dem Artikel 24 der DDR-Verfassung wurde jedem<br />
Bürger des Landes das Recht auf Arbeit, das Recht auf<br />
einen Arbeitsplatz und dessen freie Wahl entsprechend<br />
den gesellschaftlichen Erfordernissen und der<br />
persönlichen Qualifikation sowie die Bestimmung von<br />
gleichem Lohn für gleiche Arbeit zugesichert. In<br />
Artikel 38 der DDR-Verfassung wurden die Regelungen<br />
zu Ehe, Familie und Mutterschaft festgeschrieben<br />
und insbesondere Mutter und Kind unter den beson<br />
deren Schutz des Staates gestellt.<br />
Gewährleistung<br />
lebenslanger<br />
Frauen<br />
erwerbs<br />
tätigkeit<br />
in der<br />
DDR